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den üppigen Fluren, welche das prächtige Valencia umgaben, lagerte er 
mit seinen Getreuen. Da sandte der 85jährige Mohrenkönig den So im 
seiner Schwester, Muhamed, über das Meer zum Entsätze, als die Stadt, 
im neunten Monate der Belagerung. durch Hungersnoth gezwungen, die 
Thore eben geöffnet hatte. Die Morabeten lagen mit einem bedeuten¬ 
den Heere zehn Tage lang hohnsprechend und herausfordernd vor der 
Stadt und verbreiteten sich über die Gegend, das Land verwüstend. 
Da brach mit einem Male der Cid mit seinen Rittern hervor; in den wo¬ 
genden Schwarm der Feinde fiel er ein und ließ ihnen kaum Zeit zur 
Flucht. Viele Morabeten verloren das Leben; ihr reiches Lager fiel in 
die Hände des Siegers. Die unermeßlichen Schätze, welche in Valencia 
aufgehäuft lagen, vertheilte der Cid unter seine Krieger und sandte die 
kostbarste Beute dem Könige. Sein Herz aber verlangte nach den Sei- 
nen, nach seiner theuren Gattin Ximena und seinen Töchtern Sol und 
Elvira; er schickte den Freund seines Herzens, den tapferen Alvaro 
Fanez Minaja ab, um sie einzuholen. Durch das rauhe Bergland kamen 
sie gezogen, begleitet von vielen edlen Rittern aus castilianischem Ge¬ 
schlechte und von Arabern, die dem Cid befreundet waren. Als Donna 
Ximena der Stadt nahte, und der Campeador auf Babieca, dem be¬ 
kannten Streift off e, ihr entgegen kam. wie klopfte ihr das Herz! Sie 
eilte auf ihn zu, und von der Freude des Wiedersehens überwältigt, 
sank sie ihrem Helden zu Füßen. 
Von nun an lebte der Cid als Gebieter des Königreichs %a- 
lencia, gefürchtet und geehrt von Christen und Mauren, geliebt von 
seinen Vasallen. Sein Ruhm reichte bis nach dem Morgenlande, und 
der persische König sandte ihm kostbare Geschenke. 
Seine Töchter, Sol und Elvira, wurden an die Jnfanten von Ara¬ 
gonien und Navarra vermählt. Von ihnen stammt die Familie der 
Bourbons ab' welche so lange über das schöne Frankreich herrschten. 
Im Jahre 1099 starb der große Held in den Armen seiner Ximena, 
im Tode noch für die ©einigen sorgend. „Wenn die Morabeten 
hören/' sprach er, „daß ich todt bin, werden sie die Stadt belagern und 
bedrängen; schwer wird's euch werden, zu widerstehen. Darum nimm 
Du, mein treues Weib, Deine Schätze und eile nach Castilien; Alvaro 
Fanez soll Dich geleiten. Meinen Leichnam sollt ihr ganz gerüstet auf 
Babieca setzen; der Anblick wird die Feinde scheuchen, und ihr werdet 
sicher nach Castilien kommen." -Also geschah es. Kaum war die Nach¬ 
richt von Cid's Tode im Lande erschollen, als die Morabeten gegen 
Valencia anstürmten. Doch Ximena führte ihnen den großen Tobten 
auf seinem Schlachtroß sitzend entgegen, wie er befohlen, und glücklich 
erreichte sie mit ihren Schätzen Castilien. Zu St. Peter von Cardona, 
wo einst Donna Ximena Zuflucht gefunden hatte, wurde der Held von
	        
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