fullscreen: Lesebuch für die ländlichen Fortbildungsschulen der Provinz Ostpreußen

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kläglichen Anblick bietet ein Mensch, der „dasteht wie ein begossener Pudel“. — 
Eine andere Redensart „pudelnaß“ hat jedoch mit dem „Pudel“ nichts 
zu tun. Pudel oder Pfudel ist ein in verschiedenen Mundarten verbreitetes 
Wort für „Pfütze“, und pudeln bedeutet soviel als „im Wasser plätschern“, 
und die Redensart „pudelnaß“ heißt nichts anderes als „sehr naß“. 
Andere Eigenschaftswörter, die eine Zusammensetzung mit Pudel auf⸗ 
weisen, sind: pudelnärrisch, pudelnackt. Pudelnackt erklärt sich daher, daß 
der Pudel, wenn ihm mit einemmal sein wolliges Haar abgeschoren wird, 
ganz besonders „nackt“ aussieht. 
Beim Kegelspiel nennt man einen Wurf, der das Ziel verfehlt, einen 
Pudel: „es macht jemand einen Pudel.“ Ahnlich sagt man auch „einen Bock 
schießen“. 
Wir kommen weiter zum Schaf. Auch hier gehen verschiedene Redens— 
arten in ihrem Ursprung auf die Bibel zurück. Denken wir an die Wendung 
von dem „Wolf in Schafskleidern“. Sie stammt aus dem Matthäus-Evan— 
gelium, wo es in Kapitel 7 Vers 15 heißt: „Sehet euch vor vor den falschen 
Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen; inwendig aber sind sie 
reißende Wölfe.“ Der Wolf im Schafskleide ist ein Verführer, ein falscher 
Lehrer oder ein Scheinheiliger. 
Aus demselben Evangelium stammt das Wort: „Die Böcke von den 
Schafen sondern.“ Matth. 25, 32ff.: „Und er wird sie voneinander scheiden, 
gleich als ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet; und er wird die Schafe 
zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.“ — In der sprichwört⸗ 
lichen Redensart bedeutet das Wort einfach, das Gute vom Schlechten 
sondern. 
„Er hat sein Schäfchen ins trockene gebracht“ besagt: es hat einer in 
seinem Geschäft so viel erworben und beiseite legen können, daß er um die 
Zukunft weiter nicht mehr zu sorgen braucht. Doch kommt das Wort „Schäf— 
chen“ in dieser Redensart nicht von Schaf, sondern von „Schepken“ her, 
das im Niederdeutschen Schiffchen bedeutet, so daß man eigentlich an ein 
Schiffchen zu denken hätte, das aufs Trockene gebracht wird. 
Verwandt ist die Redensart: „Er hat sein Schäfchen geschoren“, das 
heißt, es hat jemand aus einer Sache den Nutzen gezogen, den er daraus 
ziehen konnte. 
Was bedeutet: „Er ist das räudige Schaf““ Das räudige Schaf muß 
getrennt von der Herde laufen, damit es die anderen nicht ansteckt. Die 
Redensart geht also auf jemanden, den man aus der Herde, von den anderen 
absondert, weil er diese durch seinen schlechten Umgang verderben würde. 
So heißt es auch bei Scheffel in seinem Wanderlied: 
„Wallfahrer ziehen durch das Tal 
mit fliegenden Standarten, 
hell grüßt ihr doppelter Choral 
den weiten Gottesgarten.
	        
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