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Große eine Anzahl gefangener Sachsen zwang, sich gegenüber auf der
linken Mainseite anzusiedeln und so die Entstehung Sachsenhausens
veranlaßte! Von den Bauwerken aus jener ältesten Zeit der Stadt
sind keine Reste mehr vorhanden; andere Gebäude sind an ihre Stelle
getreten. Dort, wo sich die zwei grauen Türme der Leonhardskirche
erheben, stand einst die Kaiserpfalz Karls des Großen, in welcher er
im Jahre 794 eine glänzende Versammlung der geistlichen und welt—
lichen Würdenträger seines Reiches abhielt. Da, wo neben dem Fahr—
tor jetzt der stattliche „Saalbau“ steht, erbaute Ludwig der Fromme,
welcher Frankfurt die Rechte einer Stadt verliehen hatte, ebenfalls
eine Pfalz, die manchen deutschen König in ihren Räumen beherbergt
hat. Hier starb Ludwig der Deutsche, welcher die Stadt zum Hauptsitze
des ostfränkischen Reiches erhoben hatte, und hier versöhnte sich Otto
der Große am Weihnachtsfeste des Jahres 941 mit seinem Bruder Heinrich.
Durch viele Jahrhunderte war Frankfurt gleichsam der Mittel—
punkt in der Entwicklung des Deutschen Reichs. In dem ehrwürdigen
Dome fand lange Zeit die Wahl und Krönung der deutschen Kaiser
statt. Sie sollten zwar, wie im Jahre 1356 bestimmt wurde, in
Frankfurt nur gewählt, in Aachen dagegen gekrönt werden; aber von
Maximilian II. an ward Frankfurt auch zugleich Krönungsstadt. In
den hohen Hallen des Domes empfingen 13 Kaiser die Krone. Nach
der kirchlichen Feier begab sich der Neugekrönte mit den Großen des
Reiches in feierlichem Zuge nach dem Römer. Dieses altertümliche
Gebäude enthält ein gewölbartiges Erdgeschoß, aus welchem eine breite
Steintreppe hinaufführt in den Kaisersaal, von dessen Wänden die
Bildnisse sämtlicher Kaiser, von Karl dem Großen bis auf Franz II.,
ernst auf uns niederschauen. Hier wurde das festliche Krönungsmahl
gehalten. Von den Fenstern dieses Saales zeigte sich die kaiserliche
Majestät dem unten versammelten Volke, das den Herrscher jauchzend
begrüßte. Der freie Raum vor dem Römer, der sogenannte Römer—
berg, war der Schauplatz der übrigen Krönungsfestlichkeiten. Hier
lag, zu einem hohen Haufen aufgeschichtet, der Hafer, von welchem der
Erzmarschall sein silbernes Gefäß zur Versorgung des kaiserlichen
Marstalls füllte; hier stand die große Bretterküche, zu welcher der
Erztruchseß hinritt, um in silberner, verdeckter Schüssel ein Stück des
unzerstückt gebratenen Ochsen zu holen; hier ergoß der Springbrunnen
aus den Schnäbeln des Doppeladlers seine Strahlen weißen und roten
Weines,; hier endlich streute der Erzschatzmeister die Gold- und Silber—
münzen unter das versammelte Volk.
Nach der Auflösung des Deutschen Reiches und der Gründung
des Deutschen Bundes war Frankfurt von 1816 bis 1866 der Sitz des