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staats zu fühlen, auf den es bisher mit Argwohn und Mißtranen zu 
blicken gewöhnt war. Indessen die neue Zeit, welche herangebrochen 
ist, stellt auch wieder neue, große Aufgaben, für welche das heran- 
wachsende Geschlecht das volle Verständnis und die frische Thatkraft 
zu ihrer Lösung mitbringen wird. 
In Braunschweig ist nach dem Aussterben des Herzogshauses 
Prinz Albrecht von Preußen zum Regenten gewählt worden. 
Die preußische Provinz Hannover hat einen Flächeninhalt von 
38481 qkrn mit 2280491 Einwohnern (60 auf 1 qkm). Der Boden 
ist, abgesehen von den großen Marschstrecken an der Küste, von welchen 
in einem besonderen Kapitel die Rede sein wird, nicht sehr ergiebig. 
Den vierten Teil der Bodenfläche nehmen die großen Moore und 
Heiden ein. Eine solche Heidestrecke zieht sich von Stade und Bremen 
bis zu dem großen Wald- und Jagdrevier der Göhrde. Dieselbe ist 
unter dem Namen der Lüneburger Heide etwas verrufen und freilich 
der Rheinländer, der mit seinen Erinnerungen an die grünen Berge 
und Rebengelände der Heimat hieher kommt, wird zwischen diesen öden 
Sandschollen, hie und da mit einförmigen Kieferbüschen bestanden, keine 
landschaftlichen Schönheiten zu entdecken vermögen, aber für den Sohn 
des Flachlandes hat auch die Heide ihre Reize. 
Der Wanderer sieht aus der Ferne die Heide nur als einen aus- 
gedehnten rötlichblanen Gebirgsstreisen, näher kommend, entdeckt er 
die endlose sandige Fläche, mit dürrem Heidekraut bewachsen. Aber 
selbst die duftlose Heideblume (Erica tetralix) hat in der Blumen- 
spräche des Heidebewohuers eine gewisse romantische Bedeutung. 
Die Heidedörfer mit Wiesen und kleinen Gärten, oft von kleinen 
Eichenhainen umgeben, erscheinen wie freundliche Oasen in der Wüste. 
Die „Heidschuuckeu" sind für den Heidebewohner, was für den Araber 
das Kamel. Man trifft diesen „Negerstamm unter den Schafen" in 
ungezählten Herden auf der Heide lagernd, während der strickende Hirt 
gähnend auf einem Stein sitzt. Wie die Heidschnuckeu sich von dem 
dürrsten Heidekraut nähren, findet der genügsame Heidebauer auf den 
hie und da eingestreuten, spärlich bewachsenen Buchweizenfeldern seine 
Nahrung; was dem Schwaben seine „Spätzele", dem Bayern seine 
„Knödel", dem Schlesinger sein „Himmelreich" (Backobst und Klöße), 
das sind dem „Lüneburger Heidebauern" seine „Backwontenblüten". 
Ein anderes Erzeugnis der Lüneburger Heide würde vielleicht auch 
Deinen Geschmack treffen, mein junger Leser, insofern Du ein Freund
	        
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