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er ganz dunkelbraun im Gesicht wurde. „Pfui!“ sagte der Mond
und nieste dreimal, „alles mit Maßen!“ und damit putzte er seine
Laterne aus, und alle Sterne machten die Augen zu. Da wurde es
im ganzen Himmel auf einmal so dunkel, daß man es ordentlich
mit Händen greifen konnte. „Leuchte, alter Mond, leuchte!“ schrie
Häwelmann. Aber der alte Mond war nirgends zu sehen und auch
die Sterne nicht, sie waren schon alle zu Bett gegangen. Da fürchtete
sich der kleine Häwelmann sehr, weil er so allein im Himmel war.
Er nahm seine Hemdzipfelchen in die Hände und blies die Backen
auf, aber er wußte weder aus noch ein. Er fuhr kreuz und quer,
hin und her, und niemand sah ihn fahren, weder die Menschen noch
die Tiere noch auch die lieben Sterne.
Da guckte endlich unten, ganz unten am Himmelsrande ein
rotes, rundes Gesicht zu ihm herauf, und der kleine Häwelmann
meinte, der Mond sei wieder aufgegangen. „Leuchte, alter Mond,
leuchte!“ rief er, und dann blies er wieder die Backen auf und fuhr
quer durch den ganzen Himmel und gerade darauf los. Es war
aber die Sonne, die gerade aus dem Meere heraufkam. „Junge,“
rief sie und sah ihm mit ihren glühenden Augen ins Gesicht, „was
machst du hier in meinem Himmel?“ Und eins, zwei, drei! nahm
sie den kleinen Häwelmann und warf ihn mitten in das große Wasser.
Da konnte er schwimmen lernen.
Und dann?
Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht
gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot ge¬
nommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!
Theodor Storni.
171. Hans im Glück.
Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient. Da sprach
er zu ihm: „Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder
heim zu meiner Mutter; gebt mir meinen Lohn!“ Der Herr ant¬
wortete: „Du hast mir treu und ehrlich gedient; wie der Dienst
war, so soll der Lohn sein,“ und gab ihm ein Stück Gold, das so
groß als Hansens Kopf war. Hans zog sein Tüchlein, wickelte
den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte
sich auf den Weg nach Haus. Wie er so dahinging und immer ein
Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der
frisch und fröhlich auf einem muntern Pferde vorbeitrabte. „Ach,“
sprach Hans ganz laut, „was das Reiten ein schönes Ding ist! Da
sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein, spart