Full text: [Teil 2 (Oberstufe), [Schülerband]] (Teil 2 (Oberstufe), [Schülerband])

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übersehen. Man sieht Tausende von Herren in eifrigem Gespräche dicht 
gedrängt bei einander stehen. Die Makler, welche die Geschäfte zwischen 
Qäufern und Verkäufern vermitteln, eilen rastlos hin und her, schreiben 
stehend ihre Zettel, suchen hier zu überreden, dort zu schlichten, sind aller 
Aufträge gewärtig und haben für jede Frage eine Antwort. Es ist ein 
anziehendes Bild, eine solche Börsenversammlung. Man hört keinen Ruf, 
kein lautes Wort. Aber ein eigentümliches Brausen von all den vielen 
Stimmen dringt an das Ohr, als hörte man die Brandung des wogenden 
Meeres. Hie und da zieht eine Person unsere Aufmerksamkeit besonders 
auf sich. Dort steht ein Schiffskapitän, der eben angekommen ist, mit 
gespreizten Beinen, wie wenn er noch auf dem unruhigen Meere wäre, 
und spricht mit seinem Reeder, einem älteren Herrn mit ernsten Zügen. 
Das Gesicht des Reeders ist gebräunt von der Sonne tropischer Länder, 
in denen er sich viele Jahre in Geschäften seines Hauses aufgehalten hat. 
Das sind Kaufleute, die Welt und Leben kennen. Ihr Blick schweift über 
den Ozean, wo sie Geschäfte besitzen wie in Hamburg, wo ihre Firma 
bekannt und geachtet ist wie daheim. 
Und nun zu den Häfen! Die wichtigsten sind am rechten Elbufer 
der Sandthorhafen, der Grasbrook-, der Strand-⸗, der Magdeburger— und 
der Baakenhafen, am linken Ufer der Segelschiffhafen. Sämtliche Häfen 
sind von Kais eingefaßt. Darauf stehen lange Reihen von Lagerschuppen, 
die nach der Wasserseite hin offen sind. Die Schienengeleise unter ihren 
weit vorspringenden Dächern führen nach allen Bahnhöfen der Stadt und 
bringen so die Schiffe den Eisenbahnzügen näher. Waren, die z. B. von 
London nach Wien bestimmt sind, brauchen nur einmal in Hamburg an 
einem der Kais umgeladen zu werden. Neben zahlreichen Handkränen 
heben gewaltige Dampfkräne mit ihren eisernen Armen die Waren aus 
dem Schiffsrumpfe heraus, beschreiben dann, auf Schienen laufend, einen 
Halbkreis und legen selbst die schwersten Lasten leicht und gewandt in den 
Eisenbahnwagen, mit dem das flüchtige Dampfroß davoneilt. 
Von den Häfen ist zur Zeit der Segelschiffhafen der großartigste. 
Er vermag über hundert der größten Seeschiffe aufzunehmen. Auch die 
großen Dampfer der Amerikanischen Paketfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft haben 
darin ihre Liegeplätze. Fahren wir auf einem kleinen Kahne durch den 
Hafen, so wird uns fast ängstlich zu Mute gegenüber den stolzen Drei⸗ 
mastern und Dampfern, von denen manche schon wiederholt die fernsten 
Reiche des Erdballs besucht und nach Sturm und Wetter reiche Lasten 
oder Reisende glücklich ans Land gebracht haben. Da weht das Sternen— 
banner Nordamerikas neben der blutroten Flagge Englands. Neben 
Brasiliens Weltkugel sieht man Rußlands weiß-blau-rote Querstreifen.
	        
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