Arabien
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brauche immer eingeschränkt blribet. Diese Würde
bleibt in der Familie erblich; allein die UnterschechS
werden allezeit nur nach Verdiensten, und ohrre
Rücksicht auf Erstgeburt erwählet, daher der Ober-
schech die untern allezeit mehr wie Bundsgenossen,
als wie seine Unterthanen behandelt, und gleichsam
einen Theil seiner Regierrmg auf sie verleget: ja es
würde bey einem so kriegerischen und freyheitliebenden
Volke unmöglich seyn, sich ZwangSgeseße anzumas-
sen. Doch ist leicht Zu erachten, daß diejenigen
Araber, welche Ln Städten und besonders in See¬
städten wohnen, ihren Nationalcharakter merklich
abgeandert haben, daß, wenn von den Sitten und
Gebrauchen dieser Völker auffallende Züge der Kind»
heit des menschlichen Geistes angeführt werden, nur
diejenigen darunter verstanden sind, welche immer
in abgesonderten Stammen herum schweifen. Um
noch bestimmter über den Karakter dieser Nation zrr
seyn, müssen wir hier schon etwas mehr von ihrer
Lebensart sagen» Sie scheuen die Städte und le¬
ben beständig in sreyer Lust, und das nicht sowohl,
weil sie jede Art von Einschränkung scheuen, als
weil ihnen, wie man sagt, ein natürliches Gefühl
diese Lebensart lehret: daher auch die Sage entstan¬
den ist, daß ihr Geruch viel feiner, daß es ihnen
keineswegeö beschwerlich ist, etliche Tage ohne
Wasser zu leben, daß sie mit diesem feinen Geruch
sogar ihre verlorne Kamele ausspüren können u.s.w.
Ob man aber ihren übrigen Tugenden nicht zu nahe
tritt, wenn man ihre Raubereyen immer nur von
einer Seite betrachtet, wollen wir hier nicht ent¬
scheiden» Sie sind den Karavanen gefährlich,
dies ist gewiß; allein eben so gewiß ist es auch, daß
ste nicht grausam sind, und den Geplünderten nur
dann umbringen, wenn er in ihrer Gegenwart einen
Beduinen tödter, da sie sich nach ihrem Grundgesetze
genö-