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in Gesellschaft, und die Enten segeln mit einander über den Teich;
der Kukuk aber ist am liebsten allein. Er betrachtet den Wald als
sein Eigenthum. Hört er den Ruf eines andern Kukuks in der
Nähe, so schreit er ihm erbost zu: „Kukuk! Siehst du nicht, daß
ich hier der Herr Lin?" Dann gibt's einen hitzigen Kampf, daß die
Federn umherfliegen. Der Schwächste muß endlich weichen und sich
ein anderes Wäldchen aufsuchen.
Doch was speis't denn der Kukuk? Vom frühesten Morgen bis
in die späte Nacht frißt er Raupen und Käfer, Schmetterlinge
und Fliegen. Denn sein Magen und sein Hunger sind groß, und
die Insekten gar klein. Er frißt zur Strafe sie Alle, die ihm sein
grünes Haus verderben.
Sobald im Frühling die Zugvögel aus fernen Ländern sich ein¬
gefunden haben, treibt der Kukuk und sein Weibchen ein wunderlich
Spiel. Rothkehlchen, Grasmücken und andere Vögel bauen emsig
ihre Nester. Der alte Kukuk aber baut kein Nest; er ist der einzige
Vogel bei uns, der das nicht thut. Er ist ein Müßiggänger und
mag nicht arbeiten. Wenn er die fertigen Nester der fleißigen Vöglein
sieht, dann ruft er pfiffig: „Kukuk!" und sein Weibchen lacht
dazu. Die Rothkehlchen und andere Waldsänger legen ihre kleinen
Eier in die fertigen Nester und fliegen aus, um noch einen fetten
Bissen zu nehmen, oder einen frischen Trunk zu thun, ehe sie sich nie¬
dersetzen, um zu brüten. „Kukuk!" ruft dann der Schelm seinem
Weibchen zu. Das fliegt nun leise herbei, wirft so viele Eier aus
dem Neste, bis Platz genug da ist, legt ein Kukuksei hinein, fliegt
fort und lacht über das Bubenstück. Rothkehlchen kommt zurück, sieht
seine zerbrochenen Eier unten am Boden nicht, und denkt auch nicht
daran, daß ein fremdes Ei im Neste liegt. Es sitzt und brütet emsig
und freut sich im Voraus auf die niedlichen Jungen.
Die jungen Rothkehlchen schlüpfen aus den Eiern und der junge
Kukuk auch. Die alten Rothkehlchen eilen nach Futter, um die offenen
Schnäbel zu füllen. Doch der Kukuk ist der Größte und schlingt seinen
kleinen Nestbrüdern die meisten Bissen hinweg. Und wenn er größer
geworden ist und ihm der Platz zu enge wird, wirft er sie gar un¬
barmherzig hinaus. Sind ihm endlich Federn und Flügel gewachsen,
so schlüpft er aus dem Neste, hüpft von Zweig zu Zweig, und seine
Pflegeeltern tragen ihm, trotz seiner Unart, emsig noch Futter zu, bis
er sich selbst seine Nahrung suchen kann.
So müssen die kleinen Vögel des Waldes dem alten Kukuk die
Kinder erziehen, ohne Dank dafür zu ernten.
Vergleiche den Kukuk mit der Nachtigall! — dem Sperlinge I — der Schwalbe!
Zu welcher Thierklasse gehört der Kukuk? —
Wie viele Thierklassen kennt ihr? — Wie heisst die erste Klasse? —
Wie die zweite? — die dritte? — die vierte?
Welche von den Thieren im Walde sind Säugethiere? — Welche sind
Vögel? — Welche Insekten? — Welche Würmer? —