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und sich damit beschäftigt, Gemählde, Staküen, Inschriften
u. s. w. zu erklären, die im Herculan nusgegraben worden.
Eine vortreffliche Anstalt ist in einem Gebäude, weiches zugleich
«in Waisenhaus, ein Zuchthaus, ein Findclhaus ist. Man be¬
schäftigt die Leute mir Wollespinnen. Beide Geschlechter, so-
wol Erwachsene als Kinder, sind von einander abgesondert,
und kommen jedes aus ihrem Flügel in die Kirche, wo keine
Abtheilung die andere sieht. Es werden auch ungerathene Kin¬
der dahin gebracht, mit welchen aber ihre Eitern, so lange sie
hier sind, nicht mehr sprechen dürfen. Das weibliche Geschlecht
wird eben so sorgfältig als das männliche erzogen, nur darf
es nicht schreiben lernen. Unter den Fabriken sind die Seiden-
Sammet- urid Seifenfabriken und die Corallenfabciken die ein¬
träglichsten. Doch kommen noch die besten Seidenzenge aus
Lyon, und die besten Wollenwaaren aus England. Man fin¬
det nur einige Tuchfabriken. Man macht auch Camelot, starke
Taffente, Sarsche, gute Stickereyen, Galonen und Tressen,
Bijouteriewaaren. Das Neapolitanische Porcellain ist nebst
dem Florentinifchen das vorzüglichste in Italien. Die Stadt
treibt nur mittelmäßige Handlung mit Marmor, Korn, Rosi-
uen, Reis, Ocl, Lein, Hanf, Wolle, roher Seide, Taffent,
seidnen Strümpfen, Safran, Honig, Manna, Reglissensaft,
Caninchenfellen und Haaren, niit den bekandten Macaronen
seiner Art großer Nudeln), Violinsaitest, wohlriechender
Seife, Pomaden, Essenzen, Tischen und Geräthen zur Zrerde
von Marmor, mit Gold garmrken fchildkrötenen Tabacksdosen,
auch von Lava vom Vesuv. Neapel ist überdis wegen feiner
Lobgerbereyen berubinc, wozu die Haute ans Apulien und Ca-
labrien kommen. Der Hafen der Stadt ist sehr geräumig;
durch einen 400 Schritte langen Molo oder steinernen Damm
befinden sich die Schiffe hier sehr sicher. Alle Jahre laufen ge¬
wöhnlich 770- 80 Handelsschiffe in dem Hafen von Neapel ein.
Bey der Stadt sind 5 Castelle, unter denen 0t. Elmo vor-
riemlich wichtig ist. Eine Classe Leute vorn niedern Stande, die
meistens sehr arm sind, heißt man hier Lazarini. Ihre Anzahl
soll sich anfzo bis 40000 belaufen. Sie haben keine bestimmte Ge¬
schäfte, sind aber deshalb keine Müßiggänger (wie man sie ge¬
wöhnlich schildert). Die meisten unter ihnen haben kerne Woh¬
nungen, sondern schlafen des Nachts unter Säulengängen, be¬
deckten Plätzen, oder wo sie sonst em Obdach finden.