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Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
Kunst und Wissenschaft. Für das geistige Leben begann mit
Friedrich dem Großen eine neue Zeit. Seine zahlreichen poetischen
und prosaischen Werke sind allerdings nur in französischer Sprache ge¬
schrieben^ gehören aber dennoch zu den besten Erzeugnissen des deutschen
Geistes. Mit vielen Dichtern und Gelehrten, z. B. Voltaire, stand er
in freundschaftlichen Beziehungen. Die von seinem Vater arg vernach¬
lässigte Akademie der Wissenschaften brachte er wieder zu Ansehen. In
Berlin und Potsdam führte er mehrere große Bauten aus: das Schloß
in Sanssouci, in dem er am liebsten weilte, das Neue Palais in
Potsdam, das Opernhaus, die katholische Hedwigskirche und den neuen
Dom zu Berlin.
Friedrich war selbst ein bedeutender Musiker, ein Meister im
Flötenspiel. Daher hatte sich auch die Oper seiner besonderen Für¬
sorge zu erfreuen.
Schule und Kirche. Für das Volksschulwesen geschah
wenig; ein Erlaß, der den Schulzwang verfügte, blieb ein toter Buch¬
stabe. Die Landschullehrer waren meistens Handwerker oder invalide
Unteroffiziere und wurden jämmerlich besoldet. Etwas mehr geschah
für Gymnasien. Die neue Provinz Schlesien erhielt eine Universität
in Breslau. — Die Religion hat Friedrich stets hoch geschätzt. Wie
die Hohenzollern Andersgläubige allezeit geschützt haben, trat er für
volle Gleichberechtigung aller Bekenntnisse ein, obwohl er die evan¬
gelische für die beste erklärte. „Die Religionen müssen alle tolerieret
werden." „In meinen Staaten soll ein jeder nach seiner Fagott selig
werden." Jedoch sollten alle Kirchen unter der Hoheit des Staates stehen.
Heerwesen. Um die Großmachtstellung des Staates zu be¬
haupten, hielt Friedrich ein stets schlagfertiges Heer von 160000 Mann,
das allerdings leider zum größten Teile aus geworbenen Ausländern
bestand, denn die Städter waren vom Heeresdienste befreit. Zur
Hebung des Offizierstandes gründete er eine Militärakademie und eine
Ingenieurschule. Die Adligen waren die gebornen Offiziere; selten
konnte ein Bürgerlicher Offizier werden. Der gemeine Soldat wurde
gering geachtet.
Steuer- und Wirtschaftspolitik. Das Steuersystem Friedrich
Wilhelms I. blieb bestehen. Der Adel zahlte eine bestimmte Abgabe
für die Ablösung des Lehnsdienstes, der Bauer die Kontribution, der
Bürger die Aceise; dazu kamen die Erträge der Domänen. Zur Ver¬
mehrung der Einkünfte richtete der König durch französische Beamte
die sogenannte „Regie" ein, die bestimmte Abgaben von allen Ver¬
brauchsgegenständen erhob außer von Schweinefleisch und inländischem
Mehl, um durch diese Ausnahmen die armen Volksklassen zu entlasten.
Dagegen erhöhte er die Steuern auf andere Nahrungsmittel bedeutend.
Die Regie war so unbeliebt, daß sie infolge der Plackereien der Unter¬
thanen und der Betrügereien der verhaßten Fremden dem Könige die
Liebe des Volkes raubte, ohne ihm wesentliche Mehreinnahmen zu ver-