Friedrichs des Großen Regententätigkeit-
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Süddeutschland, aber auch aus der Schweiz und Holland war er
fortwährend bemüht Kolonisten ins Land zu ziehen, besonders nach
Beendigung des siebenjährigen Krieges und nachdem er bei der ersten
Teilung Polens Westpreußen erworben hatte; man hat berechnet,
daß er im ganzen mindestens 300000 Kolonisten herangezogen und
etwa 900 neue Dörfer gegründet hat. Das Land dazu gewann er
durch eine großartige, unausgesetzte Tätigkeit zur Urbarmachung
des Bodens; besonders denkwürdige Taten waren die Austrocknung
und Eindeichung des großen Oderbruchs, des Wartebruchs und des
Netzebruchs, die trotz großer Kosten und langjähriger Arbeit wohl
von statten gingen und deren Ergebnis der Gewinn weiter, srucht-
barer Landstrecken war. Auf Hebung der AcEei-Wirtschaft, der
Viehzucht, des Garten - und Obstbaus war er fortwährend
bedacht; den Beamten erteilte er Vorschriften, wie sie im einzelnen
die Landwirtschaft fördern könnten; er legte Wert darauf, daß sich
unter den Kolonisten solche befanden, die Kenntnisse und Erfahrung
mitbrachten. Unaufhörlich unterstützte dieser sonst so sparsame Herr-
scher altangesessene wie neuangesiedelte Landwirte durch Geld-
g e s ch e n k e bei der Urbarmachung wüster Landstriche. Zumal, als
der siebenjährige Krieg beendet war, gab er mit vollen Händen Geld
aus den königlichen Kassen, um die zerstörten Häuser wieder auf-
zubauen, Getreide aus den Magazinen, um die Saaten bestellen zu
können, Pferde aus den Beständen des Heeres, um den Boden zu
beackern; dazu traten gewaltige Schenkungen an die Provinzen, um
ihnen die Bezahlung ihrer Kriegsschulden zu ermöglichen, und Steuer-
erlässe für die am schwersten betroffenen Gebiete. Die rechtliche Lage
der Bauern hätte der König gern gebessert und wollte in Pommern
„absolut und ohne das geringste Raisonnieren alle Leibeigen-
schaffen von Stund an gänzlich abgeschafft wissen", eine Maßregel,
die sich freilich für jetzt als unausführbar erwies.
Wie die Erzeugung von Rohstoffen, so suchte er ihre g e w e r b -
liche Verarbeitung nach Kräften zu fördern. Wie sein Vater,
wünschte er möglichst zu verhindern, daß seine Untertanen im Aus-
lande kauften; das Geld sollte im Lande bleiben. Daher unterstützte
er die Anlage von Fabriken, unter denen die königliche Porzellan-
sabrik, eine Tabakfabrik, eine Sammetfabrik hervorragten; er ver-
bot die Einfuhr solcher gewerblicher Erzeugnisse, die auch im
Lande hergestellt werden konnten, oder erschwerte sie durch hohe
Schutzzölle; er bemühte sich, wie tüchtige Landwirte, so auch ge-
schickte Handwerker und Fabrikleiter ins Land zu ziehen. Besonderer
Fürsorge erfreute sich unter ihm das Berg- und Hütten-
Wesen, das rasch ausblühte; ebenso eifrig nahm er sich der Sei-
densabrikation an, zu deren Gunsten er den Anbau von Maul-