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Um die Zeit auch daheim möglichst auszunutzen, stand der König 
sehr frühzeitig auf. Da mußten ihm die Zuschriften der königlichen 
Behörden, die eingegangenen Bittgesuche und andere Schreiben vorge¬ 
legt werden, und er schrieb ost selbst den Bescheid gleich an den Rand, 
oder er diktierte seinen Räten die Antwort. Als seinen Grundsatz 
hatte er einst niedergeschrieben: „Ich bin des Staates erster Diener. 
Mein Stand oerlangt Arbeit und Thätigkeit, mein Geist und mein 
Leib beugen sich unter ihre Pflicht. Daß ich lebe, ist nicht nötig, 
wohl aber, daß ich thätig bin." Keinem seiner Unterthanen oerweigerte 
er das Gehör, auch der Ärmste hatte mit seiner Bitte bei ihm Zu¬ 
tritt. „Die armen Leute wissen, daß ich Landesvater bin", sprach er, 
„ich muß sie hören, denn dazu bin ich da." 
Die wenigen Stunden, die ihm die Staatsgeschüste übrig ließen, 
widmete er gern dem Lesen guter Bücher oder der Musik. Auch in 
seinem Alter blies er noch gern die Flöte, und mit gelehrten Männern 
unterhielt er sich gern mündlich oder auch in Briefen. Er schrieb auch 
Bücher, aus denen wir noch jetzt lernen; so oerfaßte er eine Geschichte 
seiner Vorfahren und eine Geschichte seiner Kriege. 
In seinem Haushalte war er sehr sparsam. Für sich selbst brauchte 
er wenig, darum hatte er auch immer, zu geben den Dürftigen. Nach 
dem Kriege unterstützte er viele, die durch den Krieg ihr Hab und Gut 
eingebüßt hatten, aus seiner eigenen Kasse, reiche Summen spendete 
er zum Wiederaufbau der im Kriege niedergebrannten Ortschaften. 
In seinen alten Tagen litt er sehr an der Gicht; als er aber 
mit der rechten Hand nicht mehr schreiben konnte, lernte er noch das 
Schreiben mit der linken. Auch unter vielen Schmerzen und trotz 
großer Mattigkeit uach schlaflosen Nächten ließ er nicht ab von seiner 
Arbeit und Pflicht. „Es geht mit mir zu Ende", sprach er zu seinen 
Räterv „darum muß ich die Zeit nutzen; sie gehört nicht mir, sondern 
dem Staate." 
Er starb, 74 Jahre alt, im Jahre 1786. Nicht nur Preußen, 
sondern das ganze deutsche Land trauerte um ihn; jeder fühlte, daß 
in ihm ein Mann hingeschieden war, der Großes geleistet, der ein 
Bolk glücklich gemacht hatte. 
14* Die deutschen Befreiungskriege. 
1. Der französische Kaiser Napoleon I. war ein hochmütiger, 
ehrgeiziger, herrschsüctiger Mann, der die Herrschaft Frankreichs über 
ganz Europa ausbreiten wollte. Nicht nur Frankreichs nächste Nach¬ 
barn, sondern auch die Fürsten oon Preußen und Österreich besiegte er, 
und andere deutsche Fürsten zwang er, einen Bund mit ihm zu schließen. 
Man nannte diesen Bund den Rheinbund, weil die meisten Fürsten, 
die zu ihm gehörten, am Rheine wohnten. Napoleon oersprach diesen 
Fürsten seinen Schutz, obgleich sie von niemand als von ihm selber
	        
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