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in der Heimat gesehen. Von den Büchern, die ich aus dem Tische
fand, hatte ich in Deutschland auch wohl schon dieses oder jenes in
der Hand gehabt.
Bald trat die junge Hausfrau selber ein, ihr Töchterchen an
der Hand. Verwundert schaute das Kind zu dem fremden Manne
hinauf. Schwarze Leute sind ihm ganz vertraut, die sieht es alle
Tage. Es plaudert mit ihnen in ihrer Sprache, hat auch einen
afrikanischen Namen von ihnen bekommen, Kalunde, das Wölkchen.
Aber ein weißes Gesicht sieht es nur selten, außer Vater und Mut¬
ter, und mit weißen Kindern spielt es wohl nur ein- oder zweimal
im Jahr. Die Mutter hieß mich herzlich willkommen. Sie freute
sich über den Besuch und klagte, daß es so einsam sei im Walde.
Aber tapfer hält sie stand an ihres Gatten Seite, eine treue Ge¬
hilfin seiner Arbeit, und macht in der Fremde sein Haus zu einer
Heimat.
Der Hausherr weilte noch in der Pflanzung. Für viele Hände
gibt es dort täglich zu tun. Das Unkraut muß gehackt und fort¬
geschafft, und der Boden muß gelockert werden. Die Waldbüche
werden über die Pflanzung geleitet, um sie in trockener Zeit zu
tränken. Neue Stücke Waldes müssen ausgerodet und bepflanzt
werden. Haben aber die Kaffeebeeren eine bläulich-rote Farbe er¬
langt, dann ist die Zeit der Ernte da, und schwarze Frauen sam¬
meln die Frucht ein. Aber aller Arbeit muß das Auge des Leiters
wachen. Er duldet keine Faulheit. Streng ist er, aber auch gerecht
und milde. Darum lieben ihn seine Arbeiter und tun gern, was er
befiehlt. Erst die Mittagsstunde führte ihn zu kurzer Erholung ins
Haus. Im Familienkreise saß ich mit am Tische, und wir sprachen
von der fernen Heimat und von der Arbeit in Afrika. Ich kostete
auch von dem Kaffee, der aus der Plantage wächst, und fand ihn
von gutem Geschmack, so daß er den guten Nus wohl verdient, den
der Asambara-Kaffee daheim schon hat.
Als ich aufbrechen wollte, geleitete mich das gastfreundliche Ehe¬
paar mit ihrem Töchterlein noch ein gutes Stück Weges das Tal
hinab, immer zwischen reichtragenden Kaffeebäumen hin bis zu dem
Hause, in dem die gepflückten Beeren zubereitet werden. Zuerst wird
ihnen ihr dunkelrotes Kleid ausgezogen. Dabei springen aus jeder
Beere zwei Kaffeebohnen heraus. Aber um jede Bohne sitzt noch
wie ein enges Hemd ein bitteres Häutchen. Ist auch dieses entfernt,
so werden die Bohnen getrocknet und nach ihrer Größe ausgelesen.
Schließlich werden sie in Säcke verpackt und wandern aus den
Köpfen von schwarzen Trägern nach Tanga, der Hafenstadt, und von
dort über das Weltmeer zu uns nach Deutschland.