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dort behalten, die Leichtkranken verbunden oder mit Arzneimitton
versehen. Es ist besonders wichtig, die Eingeborenen und Inder
überhaupt an europäische Arznei zu gewöhnen, da sie der Aberglaube
meist davon fernhält und sie lieber zu ihren Naturmitteln und
Zaubertränken ihre Zuflucht nehmen. Obgleich die Neger wie die
Europäer stark an Fieber leiden, sind sie doch nur schwer dazu zu
bewegen, Chinin einzunehmen. Ebenso schwierig ist es, allgemeine
Schutzmaßregeln gegen ansteckende Krankheiten durchzuführen, z. B.
Impfen gegen die im ganzen Lande bösartig auftretenden
ocken.
Den Abschluß der Stadt nach dem Innern macht die Kaserne
mit dem Exerzierplatz. Hier ist eine Kompanie der Schutztruppe
untergebracht. Da die Soldaten zumeist verheiratet sind, so müssen
Wohnräume für ihre Familien geschaffen werden. Diese Räume
können jedoch sehr bescheiden sein, da sie nur als Schlafräume die—
nen. Den Tag über hält sich jeder im Freien auf. Gekocht wird
an einer gemeinsamen Feuerstelle inmitten des Hofes. Die Schutz—
truppe hat sich seit ihrer Anwerbung und Zusammenstellung durch
Major von Wissmann sehr verändert. Im Jahre 1889 bestand sie
haupts i aus Sudanesen, geborenen Kriegern, die ihr ganzes
Leben h.ndur. Militärdienst taten. Mit diesen vortrefflichen Sol—
daten wurden der Araberaufstand niedergeschlagen und die Kämpfe
gegen Wahehe, Wadschagga und Massai siegreich durchgeführt. In
diesen Kriegszügen waren viele Sudanesen gefallen oder kriegsun—
tüchtig geworden. Die älteren traten zu dem ruhigeren Polizeidienst
in den Städten über; viele aber kehrten mit dem Dampfer in
hre ägyptische Heimat zurück, da ihnen dies zugesichert war. Als
Ersatz mußte junge Mannschaft aus den eingeborenen Stämmen
der Kolonie eingestellt und durch langen Drill den Sudanesen eben—
bürtig gemacht werden. Diese Stämme werden in jeder Kompanie
möglichst gemischt, um sie leichter beherrschen zu können. Mir sind
die braunen Soldaten in ihrer kleidsamen Tracht und mit ihrer An—
spruchslosigkeit und Anhänglichkeit an den Führer immer sehr ange—
nehm gewesen. Welche Anstrengungen kann man von ihnen fordern!
G5 bis 50 Kilometer sind sie mit mir Tag für Tag unter der Tro—
pensonne marschiert. Und dabei bedürfen sie nur einer Mahlzeit
am Tage, die sie bei Sonnenuntergang verzehren. Durch unzählige
Bäche und Flüsse haben sie mich auf ihren Schultern getragen. Ich
werde nie die treuen, gutmütigen Gesichter vergessen, mit denen ich
monatelang durch Dickicht und Steppe zog, und die stets hilfsbereit
zusprangen, wenn ihr Offizier auf irgendeine Schwierigkeit stieß, die
sie zu beseitigen vermochten.