Full text: Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit (Teil 2)

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Als Friedrich Barbarossa in Deutschland Ruhe geschafft und 
die Polen und Böhmen aufs neue zum Tribut gezwungen hatte, 
dachte er wieder an Italien, wo die Mailänder und die Bürger vieler 
anderen Städte fortfuhren, seine Befehle mit übermüthigem Trotze 
zu verachten. Zu Besannen (Bösangßong) in Burgund hielt er 1157 
einen glänzenden Reichstag, empfing die Huldigung aller burgundischen 
Vasallen und gedachte hier einen Beschluß zu einem großen Zuge nach 
Italien durchzusetzen. Es kam ihm dabei sehr zu statten, daß der 
Papst (Hadrian IV.) auch einen Gesandten, den Kardinal Roland, ge¬ 
schickt hatte und dieser recht übermüthig auftrat. Es war ein schwedi¬ 
scher Bischof auf ber Reife nach Rom von einigen burgundischen Edel¬ 
leuten beraubt worden, und da Friedrich nach der Meinung bes Pap¬ 
stes die Uebelthäter nicht rasch und streng genug bestrafte, machte dieser 
ihm heftige Vorwürfe. Er scheute sich nicht, Friedrich wie feinen 
Unterthanen zu behandeln unb zu schreiben: Du wirst doch nie ver¬ 
gessen, daß ich dir die Kaiserkrone gegeben habe und wie viele bene- 
ficia du mir zu danken hast. (Das Wort beneficium konnte eben 
sowohl Wohlthaten als Lehen bedeuten, und da der hochmüthige Sinn 
Hadrians bekannt war, durfte man annehmen, daß er ausbrücken 
wolle, ber Kaiser trage bas Reich von ihm zu Lehen.) Der fromme 
Kaiser Lothar — so hieß es weiter — hat gegen ben Stellvertreter 
Christi aus Erden eine größere Ehrfurcht gezeigt, wie man es noch 
an einem Bilde, das im Lateran (bem päpstlichen Palast) hängt, sehen 
kann. Es wäre zu wünschen, wenn bu bir ihn zum Vorbilb nähmest!" 
Auf bem Bilbe, dessen das Schreiben des Papstes erwähnte, war Lothar 
vor dem Papste kniend dargestellt — wie ein Lehnsmann vor seinem 
Lehnsherrn — und dabei standen die Worte geschrieben: „Der Kai¬ 
ser erscheint vor den Thoren, und nachdem er die Rechte der Stabt 
beschworen hat und ein Lehnsmann des Papstes geworden ist, empfängt 
er die Kaiserkrone." Friedrich hörte das Schreiben ruhig an, weil er 
aber wußte, daß ein großer Theil seiner deutschen Vasallen nicht genug 
von ber lateinischen Sprache verstehe, rief er feinem Kanzler zu: 
„Ueberfetze boch einmal den Brief ins Deutsche, damit alle Versam¬ 
melten erfahren, was denn der heilige Vater eigentlich will!" Kaum 
aber war das geschehen, als alle Anwesenden in heftigen Zorn ge¬ 
biethen, und als nun noch der päpstliche Gesandte die Frechheit hatte 
zu rufen: „Von wem hat denn der Kaiser feine Würde und sein 
Reich, wenn nicht vom Papste!" da sprangen alle auf und griffen zu 
ihren Schwertern. Ja, Otto von Wittelsbach — derselbe, der bei 
Verona den Felsen erklettert hatte — stürzte mit erhobenem Schwerte 
aus den Gesandten los und würde ihm den Kopf gespalten haben, 
wenn nicht Friedrich selbst dazwischen gesprungen wäre. Doch mußte 
Roland sofort den Palast verlassen unb erhielt ben strengen Befehl, 
abzureisen unb sich niemals wieder vor bem Kaiser blicken zu lassen.
	        
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