— 192 —
Als Friedrich Barbarossa in Deutschland Ruhe geschafft und
die Polen und Böhmen aufs neue zum Tribut gezwungen hatte,
dachte er wieder an Italien, wo die Mailänder und die Bürger vieler
anderen Städte fortfuhren, seine Befehle mit übermüthigem Trotze
zu verachten. Zu Besannen (Bösangßong) in Burgund hielt er 1157
einen glänzenden Reichstag, empfing die Huldigung aller burgundischen
Vasallen und gedachte hier einen Beschluß zu einem großen Zuge nach
Italien durchzusetzen. Es kam ihm dabei sehr zu statten, daß der
Papst (Hadrian IV.) auch einen Gesandten, den Kardinal Roland, ge¬
schickt hatte und dieser recht übermüthig auftrat. Es war ein schwedi¬
scher Bischof auf ber Reife nach Rom von einigen burgundischen Edel¬
leuten beraubt worden, und da Friedrich nach der Meinung bes Pap¬
stes die Uebelthäter nicht rasch und streng genug bestrafte, machte dieser
ihm heftige Vorwürfe. Er scheute sich nicht, Friedrich wie feinen
Unterthanen zu behandeln unb zu schreiben: Du wirst doch nie ver¬
gessen, daß ich dir die Kaiserkrone gegeben habe und wie viele bene-
ficia du mir zu danken hast. (Das Wort beneficium konnte eben
sowohl Wohlthaten als Lehen bedeuten, und da der hochmüthige Sinn
Hadrians bekannt war, durfte man annehmen, daß er ausbrücken
wolle, ber Kaiser trage bas Reich von ihm zu Lehen.) Der fromme
Kaiser Lothar — so hieß es weiter — hat gegen ben Stellvertreter
Christi aus Erden eine größere Ehrfurcht gezeigt, wie man es noch
an einem Bilde, das im Lateran (bem päpstlichen Palast) hängt, sehen
kann. Es wäre zu wünschen, wenn bu bir ihn zum Vorbilb nähmest!"
Auf bem Bilbe, dessen das Schreiben des Papstes erwähnte, war Lothar
vor dem Papste kniend dargestellt — wie ein Lehnsmann vor seinem
Lehnsherrn — und dabei standen die Worte geschrieben: „Der Kai¬
ser erscheint vor den Thoren, und nachdem er die Rechte der Stabt
beschworen hat und ein Lehnsmann des Papstes geworden ist, empfängt
er die Kaiserkrone." Friedrich hörte das Schreiben ruhig an, weil er
aber wußte, daß ein großer Theil seiner deutschen Vasallen nicht genug
von ber lateinischen Sprache verstehe, rief er feinem Kanzler zu:
„Ueberfetze boch einmal den Brief ins Deutsche, damit alle Versam¬
melten erfahren, was denn der heilige Vater eigentlich will!" Kaum
aber war das geschehen, als alle Anwesenden in heftigen Zorn ge¬
biethen, und als nun noch der päpstliche Gesandte die Frechheit hatte
zu rufen: „Von wem hat denn der Kaiser feine Würde und sein
Reich, wenn nicht vom Papste!" da sprangen alle auf und griffen zu
ihren Schwertern. Ja, Otto von Wittelsbach — derselbe, der bei
Verona den Felsen erklettert hatte — stürzte mit erhobenem Schwerte
aus den Gesandten los und würde ihm den Kopf gespalten haben,
wenn nicht Friedrich selbst dazwischen gesprungen wäre. Doch mußte
Roland sofort den Palast verlassen unb erhielt ben strengen Befehl,
abzureisen unb sich niemals wieder vor bem Kaiser blicken zu lassen.