— 258 — 
Hauptausfuhrort für die landwirtschaftlichen Produkte der Hinterländer. 
Über Riga werden Getreide, Flachs, Hans, Leinsamen, Holz, Balken 
und Bretter, ja auch kleine Mengen von Naphtha und russischem 
Petroleum ausgeführt. — Dorpat, alte deutsche, der Russifizierung 
anheimgefallene Universitätsstadt. 
In Esthland: Reval, Hafenstadt am Finnischen Meerbusen, 
weniger wichtig als Riga. 
In Jngermannland: Petersburg (mit Vororten 1,4 Mill. E.), 
prächtige, modern aufgebaute Haupt- und Residenzstadt an der Newa, 
erste Handelsstadt des Reichs und Hauptsitz der Kunst und Wissenschaft 
in Rußland. Als Sitz des Hofes und der obersten Verwaltungs- 
behörden und als Winteraufenthaltsort des reichen russischen Adels ist 
Petersburg der wichtigste Einfuhrplatz für ausländische Artikel. Infolge 
der zahlreichen günstigen Wasserstraßen und Bahnen, welche die Stadt 
mit den Hinterländern verbinden, ist sie zugleich wichtigster Ausfuhr- 
hafeu aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse derselben. — Kronstadt, 
stark befestigte Vorstadt von P., auf einer von Klippen umgebenen 
Insel, Hauptstation der Ostseeflotte. — Schlüsselburg, starke 
Festung. 
c) Das Westrussische Tiefland umfaßt die Landschaften West- 
rußlaud, Wolyuieu, Polen und Littauen. Das größten- 
teils ganz ebene Gebiet wird im N. von Düna und Njemen, im 
W. von der Weichsel mit Bug uud dessen Nebenfluß Narew, im O. 
vom Dnjepr durchflössen, der rechts die Beresina und deuPripet 
aufnimmt. Um den Pripet dehnen sich die Rokitnosümpse aus, das 
größte Sumpfgebiet Europas, dreimal so groß als die Provinz Posen. Die 
Sumpfwaldungen machen oft den Eindruck von feuchten Urwäldern. 
Ein solcher Sumpfurwald ist die Bialowiczer Heide, iu welcher 
noch der Ur (Auerochs) gehegt wird. Im übrigen hat das Westrussische 
Tiefland bei einer durchschnittlichen mittleren Jahrestemperatur 
von 6—80 C. guten Getreideboden, namentlich in den Strom- 
Niederungen des Dnjepr uud im Flachlande um die Weichsel. Außer- 
dem ist das Tieflandsgebiet auch sehr wald- und wildreich. 
Das Westrussische Tiefland ist verhältnismäßig dicht bevölkert, 
namentlich in Polen, wo 73,8 Köpfe aus 1 qkm kommen. Das 
Gebiet des Njemen bewohnen die Littauer, ein lettischer Volks- 
stamm katholischer Konsession, der etwa 1 V2 Mill. Köpfe zählt. Die 
Bewohner vom eigentlichen „Westrußland" sind die griechisch-orthodoxen 
Weißrussen, und das Gebiet vom russischen Polen haben die 
katholischen Polen inne. Weißrussen und Polen sind Slaven. 
Die ganze Bevölkerung des Westrussischen Tieflandes ist stark mit 
Juden gemischt. 
Ortskllttde. In Westrußlaud und Littauen: Wilna (160 Tsd. 
E.), an der schiffbaren Wilja, einem Nebenfluß des Njemen, einst 
Herrschersitz der littauischen Jagellonen, ist eine bedeutende Handelsstadt.— 
Bialystok, zwischen Bug und Njemen, an der Straße von Warschau 
uach Petersburg. — Brest-Litowsk, starke Festung am Bug, an