Die Fächer.
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der geschichtlichen Entwickelung aller vorangegangenen Kulturen er¬
scheinen." And selbst zu dieser Zielsetzung macht er später noch sehr
beachtenswerte Einschränkungen.
Welche „Verhältnisse der Gegenwart" kann das Kind aus der
Vertiefung in geschichtlichen Lehrstoff verstehen? Prüfen wir die
Hauptfragen des Gegenwartslebens durch, um darüber Klarheit zu
bekommen, ehe wir diese Zielsetzung als giltig übernehmen. Die
brennendste aller wirtschaftlichen und sozialen Fragen ist die Arbeiter¬
frage. Sie stammt aus allerjüngster Zeit, wurde aufgeworfen durch
die neuzeitliche Zndustrieentwickelung; zu ihr kann man aus vergangener
Zeit wohl Seitenstücke aufzeigen, für das Verständnis der Arbeiter¬
frage aber würde damit wenig geleistet sein. Die bäuerliche Frage
ist im Elsaß seit 1789, in Preußen seit den Tagen Steins in der
Hauptsache gelöst. Was darin noch getan werden muß, ist nicht aus
vergangenen Zuständen zu erschließen, beruht wieder auf den Notwendig¬
keiten neuzeitlichen Lebens, (Arbeiternot, Landflucht, Genossenschafts¬
wesen, Kreditbeschaffung, Vieh- und Getreidezölle).
Für die Äandwerkerfrage kann die Geschichte wohl Einzelbilder
liefern, die der Neuzeit zur Belehrung vorgehalten werden können,
— aber viel ist das auch nicht.
Diese drei: Arbeiter-, Bauern- und Äandwerkerfrage sind für
Kinder der Volksschule die wichtigsten.
Sehen wir uns die allgemeinen Wirtschaftsfragen an: Natural¬
wirtschaft der alten Zeit, Geldwirtschaft von heute u. a. m. Die Ein¬
führung in das Wesen dieser beiden Wirtschaftsformen kann wohl
gewisse vergangene Zeitabschnitte verstehen lehren, für das Verständnis
unserer heutigen Geldwirtschaft haben sie nur sehr bedingten Wert.
Zn dieser Weise kann man jede andere Frage wirtschaftlicher,
sozialer, religiöser, sittlicher Natur nachprüfen; man wird überall eine
nur sehr schwache Beziehung zum Gegenwartsleben finden, sehr
wenig Nötigung zur Besprechung der Entwickelung derartiger Fragen,
die ein Verständnis heutiger Verhältnisse herbeizuführen vermöchten.
Das merkt man am besten, wenn man im Anterrichte versucht,
aus jedem geschichtlichen Zeitabschnitt Verbindungsfäden mit der
Jetztzeit herauszuspinnen.
And nun erst die allgemeine Kulturgeschichte, die heute so
sehr im Vordergründe steht. Wert hätte die Darstellung der ge¬
schichtlichen Entwickelung kultureller Verhältnisse nur dann, wenn
unser Kind reif für solche Dinge wäre. Aber daß dies oder jenes
früher anders gewesen, gibt doch wohl noch keine Einsicht in die