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sorgen mußte. — In vielen Städten wohnten die Bürger, die
das gleiche Handwerk trieben, in einer Straße zusammen. Danach
erhielten die Straßen ihre Namen, wie Knochenhauer-, Schmiede-,
Kramerstraße n. a. Auch erhielten manche Bürger uach ihrem
Geschäfte den Zu- oder Familiennamen, wie Becker, Schuster,
Schräder u. s. w. ,rj
Io. Das Rathaus. Die Bürger mußten die meisten threr
Angelegenheiten selbst ordnen. Daher wählten sie aus ihrer Mitte
■eine Anzahl erfahrener und tüchtiger Männer, die für Recht und
Ordnung zu sorgen uud über das Wohl und Wehe der Stadt
zu wachen hatten. Das war der Rat: Einer von den Ratsherren
führte den Namen Bürgermeister. Für den Rat bauten die
Bürger das Rathaus; es war aus festem Gestein gefügt, mit
mancherlei Zierrat versehen, und der Stolz der Bürgerschaft, jn
den meisten Städten sind die alten Prächtigen Rathäuser noch heute
■erhalten. In einem Saale des Rathauses versammelten sich die
Ratsmänner; in der Halle wurde Gericht gehalten, auch gefeiert
und getanzt, wenn große Feste waren; von der Laube wurden
die Namen der neuen Ratsherren und alles ausgerufen, was die
gesamte Bürgerschaft wissen sollte.
c. Das Bürgerheer. Wie der Ritter feine Burg, so mußten
die Bürger ihre Stadt verteidigen. Geschlechter und Gilden bildeten
daher ein einheitliches Bürgerheer, dem die Patrizier als
Reisige oder Reiter, die Zünfte als Fußvolk angehörten. Jede
Gilde hatte eigenes Wappen, Zelt und Banner und stand unter
dem Befehle des Gildemeisters, dem ein Reisiger als Anführer
zur Seite stand. In Zeiten der Not verstärkte die Stadt tue
wehrhafte Bürgerschaft durch geworbene Knechte. Den Oberbefehl
über die gesamte städtische Streitmacht führte ein Stadthauptmann,
den der Rat aus den umwohnenden Adeligen erwählte. Für Aus¬
rüstung der Knechte sorgte die Stadt. Die Bürger beschafften
ihre Waffen selbst nach Vorschrift des Rates. Läutete die Rats-
glocke Sturm, so eilte bie Bürgerschaft auf den Marktplatz, jede
Gilde an die Stelle, wo ihr Wappen sichtbar wurde, Mann für
Mann in voller Rüstung, angetan mit Waffenrock, Panzer, Eisen¬
haube, und bewaffnet mit Schwert, Schild und Mordaxt, die
Schützen mit Armbrust, Kocher und Pfeilen. Ging's dem Feinde
entgegen, so entfaltete sich das Stadtbanner, und freudig zogen
die Bürger hinaus in den Kampf. Wer im Felde von Banner
und Hauptmann wich, dessen Leib und Gut war dem Rat ver¬
fallen. Um ihre Wehrfähigkeit zu erhöhen und die Freiheiten der
Stadt besser verteidigen zu können, übten sich die Bürger regel¬
mäßig in den Waffen und veranstalteten alljährlich große Schützen¬
feste. Die besten Schützen wurden durch Preise ausgezeichnet
und als Schützenkönige besonders geehrt.