Full text: Dr. Ludwig Wachler's Lehrbuch der Geschichte zum Gebrauche in höheren Unterrichts-Anstalten

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Einleitung 
dertste dreymal keinen haben solle; der Ostervollmond wurde durch Be¬ 
rechnung des Ueberschusses eines Sonnenjahrs über das Mondjahr oder 
nach Epacten bestimmt. Die Katholiken nahmen das Gregorianische Jahr 
an; die Protestanten beharrten im Gebrauche des Julianischen; es bestan¬ 
den demnach zwey Zeitrechnungen neben einander, deren Verschiedenheit 
in der Angabe des Tages durch ein Bruchzeichen (der Zähler giebt den 
Julianischen, der Nenner den Gregorianischen Tag an) ausgedrückt wird. 
Erst mit dem I. 1700 wurde, nach Ehrhard Weigels Vorschlag, 
von den teutschen Protestanten der verbesserte Calender, mit Auslassung 
der 11 Tage nach dem 18ten Februar, eingeführt, und auch von Hol¬ 
land, Schweiz und Dänemark sogleich, später von England [1752, in 
welchem Jahre d. Iste Sept. auf den Lösten Aug. folgte) und von 
Schweden [1763, der Iste März folgte auf den 1 7ten Febr.) angenom¬ 
men. Doch wich die Osterberechnung beider Religionparteyen von ein¬ 
ander ab bis 1777, wo die teutschen Protestanten, ihren richtigern astro¬ 
nomischen Cyclus aufgebend, sich zur Gregorianischen Epactenrechnung 
bequemten. — Vorübergehend war die, von der Epoche der Freyheit den 
22sten Sept. 1792 ausgehende republikanische Jahresform [eingef. den 
6. Oct. 1793) der Franzosen, welche der Dschelaleddinschen ähnlich 
ist. Das Jahr, beginnend mit dem wahren Herbst-Aequinoctium d. 22 
Sept. wurde in 12 dreyßigtägige Monate, mit neuen bedeutsamen und 
nach den Jahreszeiten gleiche Endungen führenden Namen (Herbst: Ven- 
demiaire, Brumaire, Frimaire; Winter: Nivose, Pluviose, Ventose; 
Frühling: Germinal, Floreal, Prairial; Sommer: Messidor, Thermidor, 
Fructidor), oder in 360 Tage eingetheilt und erhielt vom lezten Fructi¬ 
dor bis zum Isten Vendemiaire (17 bis 21 Sept.) 5 Ergänzungtage; 
alle 4 I. (Franciade) wurde ein Tag (der Tag der Freyheit) eingeschal¬ 
tet. Uebrigens wurde das Decimalsystem geltend gemacht; die Monate 
hatten drey Decaden, deren Tage mit Zahlworten bezeichnet, in 10 Stun- 
- den (jede zu 100') zerfielen. Die Rückkehr zur Gregorianischen Jahres¬ 
form erfolgte den 1 Januar 1806, nachdem die republikanische Aere 
(welche sich in ihrem Namen schon lange überlebt hatte) durch einen Se¬ 
natsbeschluß [d. 9 Sept. 1805) abgeschafft worden war. 
Greg. C. Jdeler Handv. 2 S. 299 fll.; Franz. E. S. 467 fll. 
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Die vergleichende wissenschaftlich-historische Zeitrechnungkunde soll 
die Folge der Zeit-Theile überhaupt ausmittekn und die Ausgleichung der 
einzelnen Berechnungen und Angaben der Zeit, nach ihrem wahren Ver¬ 
hältnisse zu einander, finden lehren. Bey den Alten konnte das Bedürf¬ 
nis: einer solchen Zurückführung der mannigfaltig verschiedenen Zeitnies-
	        
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