Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte

Einleitung. 
§. 4. Nach der Verschiedenheit der Regierungöformm oder Verfassun¬ 
gen zerfallen die Staaten in monarchische nnd republikanische. 
Nionarchic heißt ein Staat, wenn ein Einziger an der Spitze steht 
nnd das Regiment führt; dieser Einzige hat nach dem räumlichen Umfang 
seines Gebiets bald den Titel Kaiser oder König, bald die Benennung 
Herzog oder Fürst u. dgl.— Republik oder Freistaat heißt man 
diejenige Verfassung, wo die Regierungsgewalt in den Händen Mehrer 
liegt. Hiebei findet aber eine große Mannichsaltigkeit statt. Wird nämlich 
die Regierung blos von einigen durch Geburt (Adel) oder Reichthum 
ausgezeichneten Geschlechtern geführt, so heißt man die Staatsvcrfassnng eine 
aristokratische Republik, nnd geht dieses Vorrecht in die Hände einiger- 
weniger Familien oder Personen über, so entsteht eine Oligarchie. 
Werden dagegen die verant>vortlichcn Leiter der Regierung von nnd ans dein 
G e sa in m t v o l k e gewählt, sei es in allgemeinen Versammlungen oder 
gemcindeweise, und besitzt das Volk daö Recht der Gesetzgebung, so heißt 
eine solche Verfassnngsform eine Demokratie oder demokratische Re¬ 
publik; üben aber dabei die untersten Klassen einen vorherrschenden Einslnß, 
so entsteht eine Ochlokratie oder Pöbelherrschast. — Die monarchische 
Form ist entweder unbeschränkt (absolut), wenn der Regent ohne 
Zuziehung des Volks Gesetze einführt, Stenern auflegt nnd die Regierung 
einrichtet, oder b c schrän kt (constitutionell), wenn dies nur mit Zuziehung 
der Vertreter (Repräsentanten) des Volks geschehen darf. (Reprä- 
sentativ-Verfassung.) Tritt die Willkür des Regenten an die Stelle 
des Gesetzes, so artet die absolute Monarchie in Despotie aus. Diese Ver- 
fassnngsformen entwickelten sich jedoch erst allmählig, ja eine derselben, die 
c o n st i t u t i o n e l l e Monarchie, gehört erst der neuern Zeit an. 
§. 5. Die ältesten Staaten waren einfach und einförmig und 
hatten größtentheils die freiheitbeschrankende Einrichtung der Kasten. 
Darunter versteht man eine strenge Scheidung der Menschen nach Stand 
und Beruf, die in fester Ordnung vom Vater auf den Sohn vererben, 
und wobei weder eine Vermischung noch ein Uebergang aus einer in 
die andere gestattet ist. Die erste Kaste bilden die Priester, die al¬ 
lein die Kenntniß der religiösen Satzungen und Gebrauche, so wie der 
bürgerlichen Gesetze besaßen und ihr Wissen sorgfältig durch Geheim¬ 
lehren den übrigen Ständen vorenthielten und es nur auf ihre eigene 
Nachkommen vererbten. In den Händen der Priesterkaste befand sich 
wahrscheinlich im Anfang die Herrschaft jedes Landes, wie der uralte 
Priesterstaat Meroi; am obern Nil in Nubien beweist. Erst später 
gelang es der Krieg er käste (dem Adel) sich dem Priesterstand als 
ebenbürtig zur Seite zu stellen (§. 22). Diese beiden Kasten theilten 
sich in den Besitz der Herrschaft. Die dritte Kaste bildeten die Acker¬ 
leute, die vierte die Handwerker. Am längsten und reinsten er¬ 
hielt sich dieses Kastenwesen in Indien und Aegypten. Dort gibt 
es außer den 4 Kasten noch eine Menschengattung, Parias genannt,
	        
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