224 Das deutsche Reich bis zum Ende des elften Jahrhunderts.
die ihn zum Widerstande gegen den Papst ermunterte. Die Bischöfe
des oberen Italiens gehörten der von Gregor bekämpften Richtung an
und konnten nur durch Heinrich sich zu behaupten hoffen. Die welt¬
lichen Großen daselbst konnten ihre Absicht, durch königliche Begün¬
stigungen ihre Macht zu erweitern, nur dann ausführen, wenn Heinrich
sein Versprechen brach. Doch trat er noch nicht offen gegen den Papst
auf, weil die Verhältnisse in Deutschland noch unsicher für ihn waren.
Noch im Jahre 1077 fand ein Reichstag zu Forchheim statt, den Gregor
ungeachtet der Einladung der Fürsten nicht besuchen konnte, weil Heinrich
ihm die Geleitssicherheit verweigerte. Hier wurde, so sehr auch Gregor
diesen Schritt nur im äußersten Nothfall zu thun gerathen hatte, Herzog
Rudolf zum Könige gewählt. Jetzt begann der Krieg durch Deutsch¬
land zu wüthen. Unter dem neu gewählten Könige machte das Streben
der Fürsten nach Erweiterung ihrer Schranken sich so geltend, daß von
ihm, den sie von sich abhängig wußten, sehr Viele bald wieder abfielen,
und die unkirchliche Partei der Bischöfe erhöhte Heinrichs Aussichten, sich
zu behaupten. Vergebens erbot sich Gregor, um die Entscheidung durch
das Schwert zu hindern, zu schiedsrichterlicher Vermittlung zwischen
Heinrich und Rudolf, die er beide als Könige bezeichnete. Die Partei
Rudolfs, zu welcher auch die wiederaufgeftandenen Sachsen gehörten,
war unzufrieden, daß er nicht sofort gegen Heinrich entschied, und
Heinrich, der nach seiner Rückkehr die Alpenpässe beherrschte, verhinderte
des Papstes Ankunft in Deutschland und zwang den Bisthümern ohne
Rücksicht auf kirchliche Befähigung seine Anhänger auf, so daß bei dem
Widerstand der kirchlichen Partei die Spaltung sich überall hin verbrei¬
tete, in vielen Bisthümern zwei Bischöfe sich antgegenstanden und Ver¬
heerung, Raub und Mord sich ins Unendliche vervielfältigten. Die
beiden Könige maßen sich in den Schlachten bei Melrichstadt im Würz¬
burgischen im Jahre 1078, bei Fladenheim in Thüringen und an der
Elster im Jahre 1080. Die Schlachten waren sämmtlich zu Ungunften
Heinrichs, aber in der letzten fiel sein Gegner. Dessen Herzogthum
Alemaunien hatte Heinrich schon nach der ersten, da er im Süden die
Oberhand hatte, an den mit seiner Tochter Agnes vermählten aleman¬
nischen Grafen Friedrich von Hohenstaufen gegeben, gegen welchen nun
Berthold als Gegner Heinrichs kämpfte, bis er in der Folge dadurch
entschädigt wurde, daß er die Verwaltung der Reichsvogteien, der von
der gaugräflichen Gewalt erimirten Reichsländer, im burgundischen Reiche
erhielt, und seine sowie Welfs Güter in Alemannien von dem herzog¬
lichen Einflüsse freigefprochen wurden.
20. Inzwischen waren, da Heinrich, um sich fester zu stellen, sich
den Schein der Bereitwilligkeit gegen päpstliche Anordnungen gegeben
hatte, päpstliche Legaten wiederholt über die Alpen gekommen. Da aber