Full text: Fünfzehn Jahrhunderte (Bd. 2, Abth. 1)

Das römische Reich unter den Imperatoren. 
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heit der Religionen, mit deren Hülfe die römische sich verjüngen wollte, 
mußte eine Menge neuen Aberglaubens eindringen und das Heidenthum 
sank zu immer gröberen Jrrthümern herab. Hierdurch erhielten die 
christlichen Vestreiter des Heidenthums Anlaß, von der äußersten an 
ihm bemerkten Entartung ausgehend, den Ursachen, aus welchen dieselbe 
herzuleiten sei, nachzuforschen und die herrschende Religion als in ihrem 
innersten Wesen falsch zu erweisen. Dies schloß jedoch nicht aus, daß 
sie bei Rechtfertigung der eignen Lehre auch den im Heidenthume noch 
erkennbaren Spuren und Resten göttlicher Weisheit nachgingen, um 
zu zeigen, wie auf das vom Christenthume Dargebotene auch ein durch 
das Heidenthum hindurchgehender Zug Hinweise und wie dieses nur 
durch Verzerrungen aller Art, an denen nicht einmal alle seine Weisen 
gleichen Antheil gehabt, sich von der im Christenthume wieder erschienenen 
Wahrheit so weit entfernt habe. 
16. Commodus, den Sohn und Nachfolger des Aurelius, hatte 
seine Mutter Faustina, die Tochter des Antoninus Pius, die ihrem Va¬ 
ter und ihrem Gatten gleich unähnlich war, erzogen. Seine Negierung 
reihte sich den schlechtesten der früheren Zeiten an und gab die Gewalt 
wieder in die Hände der Prätorianer. Die späteren Römer haben den 
weisen Vater darum getadelt, daß er nicht durch Ausschließung des 
Sohnes und Adoption eines tüchtigen Mannes besser für das Wohl 
des Reiches gesorgt habe. Nachdem er Nom, das unter einer schlechten 
Negierung meistens allein leiden mußte, lange durch Grausamkeit ge¬ 
quält und durch sein Auftreten als Gladiator die Herrschergewalt er¬ 
niedrigt hatte, fand er im Jahre 192 den Tod durch seine nächste Umge¬ 
bung, die eigener Gefahr durch seine Ermordung zuvorkommen wollte. 
Auf Betreiben der Mörder erkannte der Senat den bejahrten und ver¬ 
dienten Helvius Pertinar als Nachfolger an. Ein redlicher Herrscher 
hatte aber einen schweren Stand gegen die durch einen sittenlosen Vor¬ 
gänger verwöhnten Prätorianer. Für den Augenblick behauptete sich 
Pertinar durch Geschenke, wie sie auch früher die Prätorianer beim Be¬ 
ginne einer neuen Regierung erhalten hatten. Aber da sich in den 
Handlungen der neuen Negierung ein den zügellosen Soldaten mißfälli¬ 
ges Bemühen um Herstellung der Ordnung kund gab, wurde Pertinar, 
nachdem er nur die drei ersten Monate des Jahres 193 regiert hatte, 
in einem Aufstande derselben ermordet. Die Meuterer fühlten sich jetzt 
so sehr als die Herren des Reiches, daß sie unverhohlen von der Größe 
des an sie zu zahlenden Geschenkes die Verleihung der Herrschaft ab¬ 
hängig machten. Jndeß jedoch ein reicher Schlemmer, Didius Julia¬ 
nus, sich die Herrschaft, die ihm ein Mittel des Genusses sein sollte, 
durch das Versprechen eines den Forderungen angemessenen Geschenkes 
erkaufte, erfolgte in ähnlicher Weise, wie früher, eine Gegenwirkung
	        
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