Full text: Viertehalb Jahrhunderte (Bd. 2, Abth. 2)

682 Frankreich in der Zeit der durch die Kirchcntrennung 
Staatskunst wurde unmöglich. Der Hauptgegenstand der Unzufrieden¬ 
heit, die sich unter solchen Umständen entwickelte, war ein mit der 
Königin aus Italien gekommener Günstling, Concini, der unter dem 
Namen eines Marschalls d'Ancre einen großen, aber willkührlichen Ein¬ 
fluß ausübte und schon durch die Gelder, die zu seiner Bereicherung 
verwendet wurden, Unwillen erregte. Zur Beschwichtigung der Unzu¬ 
friedenheit wurde, kurz nachdem der König für großjährig erklärt wor¬ 
den, eine Ständeversammlung nach Paris berufen, aber die Forderungen 
derselben standen mit den Wünschen der Negentin so sehr im Wider¬ 
spruch, daß dieselbe die in der Versammlung sich kundgebende Uneinig¬ 
keit zum Anlasse nahm, sie aufzulösen. Die Verwirrung vermehrte sich 
nun durch eine Entfremdung, die zwischen dem Könige und seiner Mutter 
eintrat. Ein Gespiele des Königs, Luynes, wußte bei seinem Herrn 
Verdacht gegen die Mutter, wie gegen Concini, zu wecken, und diesem 
den Befehl zur Ermordung Concini's zu entlocken, worauf selbst dessen 
Gattin, obgleich ihr kein Verbrechen zu beweisen war, hingerichtet wurde. 
Diese Ereignisse waren verbunden mit der Entfernung der Königin vom 
Hofe. Daß nun König Ludwig selbst zu regieren begann, besserte die 
Lage des Reiches nicht, da ihm die dazu erforderlichen Fähigkeiten gänz¬ 
lich fehlten. Der eigentliche Regent war Luynes. Je mißfälliger aber 
ein solches Verhältniß dem Lande werden mußte, desto mehr stiegen die 
Hoffnungen Maria's, den verlorenen Einfluß durch eine mit dem jetzigen 
Zustande unzufriedene Partei wiederzugewinnen. Als sie sich von Blois, 
welches ihr zum Aufenthalte angewiesen war, zu dem Statthalter der 
Landschaften Angoumois und Saintonge geflüchtet hatte, suchte Lupnes 
dem Bürgerkriege durch Unterhandlungen zuvorzukommen. Hierzu diente 
ihm ein Mann, der zur Zeit der Herrschaft Concini's zu wichtigen 
Aemtern emporgehoben worden war, die Gunst und das Vertrauen 
Maria's besaß, aber seit deren Sturz von ihr ferngehalten wurde, 
der Bischof von Luyon, Armand du Plessis, aus der im Lande Poitou 
ansässigen Familie Richelieu. Dessen Einfluß auf die Königin benutzte 
Luynes jetzt und führte dadurch auf die Bühne des öffentlichen Lebens 
einen Mann zurück, der in der Folge die Geschicke Frankreichs und 
Europa'ö so leitete, daß er die von Heinrich IV. gehegten Absichten 
verwirklichte. Ein im Jahre 1619 von dem Könige mit seiner Mutter 
geschlossener Vergleich wies dieser Angers zum Aufenthaltsorte an und 
gewährte ihr für ihre Anhänger Verzeihung. Da die Verwaltung des 
königlichen Günstlings bei den Großen des Reiches den Stoff der Un¬ 
zufriedenheit häufte, gingen die Bestrebungen der Königin weiter, und 
bald stand in den meisten der westlichen Landschaften der Adel für sie 
in Waffen. Jetzt mußte auch Luynes das Glück der Waffen versuchen, 
und in Begleitung des Königs überzog er die Normandie und die
	        
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