Full text: Viertehalb Jahrhunderte (Bd. 2, Abth. 2)

und zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts. 553 
1498 in dem östlich von jener Linie ihm angewiesenen Bereiche des 
Oceans sein fernes Ziel. Vasco de Gama, der im Zahre 1497 mit 
einem Geschwader Lissabon verlassen hatte, segelte um das Südende 
Afrikas herum und folgte im nördlichen Laufe der Ostküste. Klug und 
besonnen hatte er Meutereien des Schisssvolkes, das von den Schrecken 
einer unbekannten Ferne geängstigt wurde und die durch Stürme ge¬ 
steigerten Beschwerden der langen Fahrt nicht ertragen wollte, gedämpft. 
In den ostafrikanischen Landschaften Sofala, Mozambique, Mombazza 
und Melinda fand er eine Bevölkerung, die dem Islam angehörte und 
so den Beweis für eine von Europa aus unbeobachtet gebliebene Rich¬ 
tung arabischer und ägyptischer Fahrten nach Süden lieferte. Die nörd¬ 
licheren Gegenden von Ostafrika, das zum Theil von alter Zeit christlich 
gebliebene, aber der jakobitischen Lehre zugewandte Abyssinien, erreichte 
er nicht, da der Beherrscher von Melinde, mit dem er ein freundliches 
Verhältniß angeknüpft hatte und dessen Land von indischen Fahrzeugen 
besucht wurde, ihn durch einen Lootsen quer über die See nach der 
indischen Hafenstadt Kalikut an der malabarischen Küste führen ließ. 
2. So standen die Portugiesen, das westlichste der europäischen 
Völker, an der Schwelle der östlichen Welt, von der die Christenheit 
durch die weiten Länder des Islam getrennt gewesen war. Dürftige 
Kenntnisse des Landes, wie sie der venetianische Reisende Marco Polo 
bald nach Ludwigs des Heiligen Zeit in den Westen gebracht, mußten 
sich jetzt berichtigen und ergänzen, und indische Waaren, die bisher 
theils den Indus hinauf, den Orus hinab, über das kaspische Meer 
und den Don hinab an die Küsten des schwarzen Meeres, theils über 
das Meer, den Euphrat hinauf, von Bagdad nach den Hafenplätzen 
Syriens, theils durch das rothe Meer nach Alexandrien ihren Weg ge¬ 
nommen, konnten nun durch unmittelbaren Verkehr nach dem äußersten 
Westen gelangen. Doch der gehofften Vortheile sich zu versichern, be¬ 
durfte es einer anhaltenden Thätigkeit. Es mußten mit den einheimischen 
Fürsten Verträge geschlossen werden, die den Portugiesen für den Ankauf 
der Waaren vorzügliches oder ausschließliches Recht gewährten. Da 
dies eine gewisse Anerkennung portugiesischer Oberhoheit vorauösetzte, 
auch die Moslemen, die indischen Handel trieben, die indischen Fürsten 
gegen die Fremdlinge aufreizten, bedurfte es der Gewalt. Nun stand 
aber dem kleinen Portugal hier eine Anzahl mächtiger Fürsten gegenüber, 
denen die in ihren Ländern einheimische Bildung Mittel der Wehr¬ 
haftigkeit in genügendem Maße lieferte. Zugleich machte die Größe 
der Entfernung von der Heimath das Erscheinen rechtzeitiger Verstärkung 
meist unmöglich, und wenn bei glücklichem Fortgange der Unternehmungen 
dem Könige Verdacht wegen zu großer Selbstständigkeit derselben ein¬ 
geflößt wurde, mußten die Maßregeln, die solchem Verdacht entsprangen, 
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