Full text: Geschichte des Orients und Griechenlands (Bd. 1, Abth. 1)

Die Urgeschichte. 5 
;s 4. 
1. Die heilige Schrift teilt die Menschheit in drei Hauptgeschlechter, die 
sie auf Noahs Söhne, Sem, Ham uud Japhet, als Stammväter zurückführt: 
1) Von Sem stammen (durch dessen Söhne Elam, Assnr, Arpharad, Lud und 
Aram) die Perser, Assyrer, Chaldäer, Lyder, Syrer, (Aramäer), Araber, 
Israeliten (Semiten). 2) Ham ward durch feine Söhne (Kusch oder Chus, 
Mizraim, Put oder Phuth, und Kanaan) der Stammvater der Negervölker 
Indiens, Arabiens und Abyssiniens ^), der Ägypter, Nubier, Libyer, der 
Völker Nordafrikas und der zunächst liegenden Inseln, endlich der Einwohner 
Palästinas. 3) Japhets Nachkommen sind die Bewohner Europas und Vorder- 
asiens, die Völker des Stammes, welchen wir als den Träger der menschlichen 
Kultur bald kennen lernen werden. 
Sinnt, Selbst der ungläubige kann sich nicht der Anerkennung versagen, daß der 
von Noah 1 Buch Mos. 9, 25— 27 ausgesprochene Fluch und Segen den Gang der 
Geschichte enthält, wie die Härmten noch jetzt Knechte aller Völker sind und wie die 
Japhetiten als Träger des Christentums und aller höheren Kultur an die Stelle der 
früher zu schönrer Entwicklung gediehnen semitischen Völker getreten sind. 
2. Nach der Trennung und Absonderung entwickelten sich bei den einzelnen 
Völkern solche Verschiedenheiten, daß die ursprüngliche Verwandtschaft aller, 
ebenso wie die mit den drei Hauptgeschlechtern nur erst durch tiefere Forschungen 
erkannt werden kann. 
Anm. Nach den hervorstechendsten geistigen und körperlichen Eigentümlichkeiten 
hat man Hauptgruppen oder Rayen angenommen. Blumeubach (in Göttingen) 
erweiterte die früher (v. Cuvier u. A.) aufgestellten drei durch die Annahme zweier 
Ubergangsraeen und schied daher 1) die kaukasische, alle Völker Europas mit Aus- 
nähme der Lappländer, die meisten Völker Vorderasiens uud die Inder, so wie die 
Bewolmer Afrika's bis an den Saum der Wüste umfassend, durch größere Geistes- 
befähigung, einen alle Bedingungen zur höheren Kultur erfüllenden Körperbau und 
vorherfchend weiße Hautfarbe von den übrigen verschieden. 2) Die mongolische, 
die Bewohner Hinterasiens und der nördlichen Polarländer (auch Lappen, Eskimos, 
Grönländer) in ft<* begreifend, kenntlich durch gelbliche Hautfarbe, schlichtes uud dünnes 
Haar, hervorstehende Backenknochen, gedrückten Hinterkopf, nach oben geschlitzte Augen, 
nntersetzten fleischigen Körperbau, ausdauernd, betriebsam, aber dem passiven Sinnen- 
genuß zugewandt. 3) Die äthiopische oder Negerraye, die Völker Mittel- und 
Südafrika's, aber auch teilweise auf den Auftralinselu verbreitet (Papuas) mit vor- 
herschend schwarzer Hautfarbe, wolligem krausem Haar, stumpfer Nase uud vorstehen- 
den Lippen, dünnen Schenkeln, von ungemeiner Zähigkeit und Gelenkigkeit des Körpers, 
zum größten Theil auf die niedrigste Stufe der Gesittung und geistigen Bildung herab- 
gesunken. 4) Die amerikanische Ra??, als Überaangsform zwischen der mongolischen 
uud kaukasischen betrachtet, von braungelber und kupferroter Hantfarbe, hoher Stirn, 
Adlernase, aber etwas gedrücktem Hinterkopf, mit ungemein scharfen Sinnen, großer 
Muskelkraft und Behendigkeit des Körpers, aber auch lebhafter Phantasie und Be- 
fähigung zu geistiger Veredlung begabt. 5) Die malahifche Raee, als Übergangs- 
form zwischen der kaukasischen und äthiopischen angenommen, in Hinterindien und 
dem dazu gehörigen Archipel verbreitet, im Körperbau der kaukasischen, in der Haut- 
färbe der äthiopischen Raoe gleichend, kräftig und geschickt, aber blutdürstig, grausam 
uud räuberisch. A. Wagner rechnet die malayifche Ra?e ganz zu der kaukasischen 
und nimmt als zweite Übergangsform die australische (Australneger) an, welche auf 
den Inseln der südlichen Halbkugel wohnhaft, rußige Hautfarbe uud schlichtes Haar 
hat und auch iu geistiger Hinsicht dem Neger nahe stehend sich zeigt. Prichard^) 
stellt 7 Rayen auf: die'iranische (kaukasische), turanische (mongolische), amerikanische, 
südafrikanische (Hottentotten und Buschmänner), Neger, Papuas und Alsonrons 
(Australier oder Polynesier). Nach allen Forschungen scheint die Gruppierung in viele 
1) Der Name Kes', mit dem die ägyptischen Denkmäler die Neger benennen, stimmt 
mit Kusch. Brugsch, Geogr. v. Ägypten II S. 4 f. — 2) Natnrgeschichte des Menschen¬ 
geschlechts.
	        
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