10 Die Urgeschichte.
wird natürlich da der Mensch bewogen sich seinen Wogen anznvertrann, wo der
Blick von seiner Wohnstätte nach gegenüberliegenden Ufern von Festland oder
Inseln, die zum Besuch einladen, reicht, nnd es fühlen sich die Seefahrer dahin
am meisten gezogen, wo sichere Häfen und Buchten eine Zuflucht bieten. Stählt
das Einsetzen des Lebens den Mut, schärst der Kampf gegen Wind und Wogen
Geistesgegenwart und Entschlossenheit, so führt der Verkehr mit anders gearteten
und gesitteten Völkern neue Ideen zu und beut der Handel die Mittel zum gennß-
reichern Dasein, wie er zur industriellen Thätigkeit auffordert. Sind dann die
Zugänge zu den innern Gegenden leicht und bequem, fo ergreift das an den
Küsten rege gewordne Leben rafch auch das ganze Land. Die kräftigste und
frischeste Entwicklung der Kultur finden wir daher in frühester Zeit auf den weit
in das Meer hinein sich erstreckenden Halbinseln, deren Küstenverhältnis, d. h.
das Verhältnis der Küstenausdehnung zum Flächeninhalt, eine geringere Zahlen¬
differenz zeigt und deshalb ein günstiges ist.
2. Die alte Geschichte bleibt auf die östliche Feste beschränkt, bewegt sich
aber anch hier nur auf einem engern Kreife. Asien, die Heimat des Menschen-
geschlechts', wie das Vaterland unsrer Hansthiere und Nahrungsgewächse, ist der
Sitz der ältesten Kulturvölker. Da es den größten Flächenranm hat (mit den
Inseln ungef. 880000 DM.), sich durch drei Zonen erstreckt, zahlreiche in die
blaue Ferne des Himmels sich verlierende Gebirgsketten enthält, und demnach
die größte Manigfaltigkeit der Klimata und der Prodnction darbietet, fo sollte
man in diesem Erdteile das regste Völkerleben erwarten, allein er wird in
der Mitte von dem in Afrika beginnenden großen Wüstengürtel durchzogen
(Arabien, das vorderasiatische und hinterasiatische Hochland) und die aus-
gedehnten, dem eisigen Nord offen zugewandten Steppen des Nordens und Nord-
Westens bieten höchstens Nomadenvölkern die Möglichkeit der Existenz. Das
östliche Tiefland mit den Rändern des hinterasiatischen Hochlands (China) hat
zwar sehr früh Knltnr, bleibt aber in gänzlicher Abgeschlossenheit. Von ben drei
großen sich nach Süden vorstreckenden Halbinseln erzeugt nur die mittlere, Vor-
derindien, ein eigentümliches Kulturleben. Dagegen werden die westlichen Länder
der Schauplatz großer Entwicklungen und Bewegungen.
3. Die breiten Wüsten sondern Afrika's Mitte und Süden von dem Land¬
verkehr ab. Wird auch seine Umseglnng inl Altertum berichtet und sind Fahr¬
ten an der Westküste gewiß, so wirkten doch das ungünstige Küsteuverhältuis,
das dem Fremden gefährliche Klima, die geringe Zahl und schwierige Befahruug
der Flüsse der Ausbildung eines lebendigen Völkerverkehrs, wie noch heutzutage,
entgegen. Nur das nördliche Thalland des Nils erlangt für die Geschichte eine
hohe Bedeutung und auch der ganze nördliche Küstenrand wird von der Bewegung,
welche sich immer mehr um das große Binnenmeer zwischen den drei Erdtheilen
(dem Mittelmeer) zusammengedrängt, ergriffen.
4. Von Europa bleibt der größte Teil, der ganze Norden und die sämt-
lichen Binnenländer, dnrch hohe Gebirge von dem Süden geschieden und durch
die eigne rauhere Natur der Entwicklung Hindernisse darbietend, lange Zeit der
Geschichte fremd, dagegen treten die drei im Süden dieses Erdteils (ähnlich wie
in Asien) in das Meer vorgeschobnen Halbinseln höchst wirksam ein, die östliche
und mittlere dnrch thatkräftig fchaffende Bevölkerungen, die westliche als Gegen-
stand des Strebeus nach ihrem Besitz für andere Völker.
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1. Mit Ausnahme des durch besondere Gnadenleitung Gottes bei der
Wahrheit erhaltenen Volkes der Israeliten versinken alle andern Völker in