Full text: Geschichte des Orients und Griechenlands (Bd. 1, Abth. 1)

222 Sparta's Krieg gegen den Perserkönig. 
gegen Elis. Der durch andre Zwischenfälle genährte und gesteigerte Groll 
wegen des Abfalls vou der Symmachie (8 82, 2) veranlaßte die Spartaner 
zur Stellung der Fordrung, die Eleer sollten ihren Periökenstädten die Selb- 
ständigkeit zurückgeben, welche zu erfüllen sie denn auch durch zwei Feldzüge des 
Königs Agis — der erste ward wegen eines Erdbebens aufgegeben — und 
innre Unruhen gezwungen wurden 398 — ein warnendes Beispiel von der 
Methode, welche Sparta zur Schwächung der widerstrebenden Staaten anzn- 
wenden gedachte, die es aber auch gegen sich selbst am meisten zu sürchten hatte. 
Die Maßlosigkeit in Herschsucht und Eitelkeit, die Klagen der Bnndesgenoßen 
und des Pharnabazos über seine Willkürlichkeit hatten die Spartaner vermocht 
Lysandros abzuberufen und ärgerlich trat er eine Reise zu dem Ammonischen 
Orakel an. Daß er eine Revolution, die Aufhebung des Vorrechts der Hera- 
kleiden, beabsichtigt habe, wurde im Altertum geglaubt: er ergriff aber jetzt einen 
andern Weg sich seinen Einfluß wieder zu verschaffen, indem er nach Agis' Tod 
897 mittelst seiner Gewandtheit und Schlauheit durchsetzte, daß Leotychides der 
Sohn, dessen eheliche Geburt verdächtig war, ausgestoßen und sein vertrauter 
Freund, des verstorbnen Bruder, Agesilaos, in die Königswürde gesetzt 
wnrde^). Auf dem einen Fnß hinkend und von unansehnlicher Statur, besaß 
dennoch Agesilaos die volle Kraft, Ausdauer und Gewandtheit, welche die An- 
strengungen des Kriegslebens erforderten: in Einfachheit, Mäßigkeit und Nüchtern- 
heit war er ein ächter Zögling der lykurgischen Schule: durch Leutseligkeit und 
Witz, durch aufopfernde Freundschaft verstand er die Herzen sich zu gewinnen 
und au sich zu feßeln: als Feldherr umsichtig und entfchloßen, an Mut und 
Tapferkeit ein leuchtendes Beispiel, kettete er den Sieg an feine Fahnen. Aber 
fein lebendiges Streben nach Ruhm und Ehre war nicht verbunden mit geistiger 
Freiheit und vollster sittlicher Energie: indem er es ausgab gegen das nun ein- 
mal Gewordne zu kämpfen und deshalb sich willig unter die Ephoreugewalt 
schmiegte, förderte er die innern Schäden Sparta's, vielleicht ohne es zu wissen 
und zu wollen, und indem er sich zum Werkzeug der Gewaltpolitik nach außen 
hergab, half er den Kamps mit herbeiführen, der fein Vaterland stürzte. Im 
Beginn seiner Laufbahn der bewnndertste und geehrteste Mann feiner Zeit, geht 
er, obgleich überall noch feine persönliche Tüchtigkeit hervorleuchtet, einem tragi- 
schen Ausgang entgegen. 
3. Welcher innern Gefahr der Staat durch das starre Festhalten an den 
hergebrachten Rechten von Seiten der durch den Krieg zusammengeschmolznen 
ächten Spartiaten einerseits und die Ansprüche der zahlreichen Nenbürger^), 
Periöken und Heloten, die in eben demselben Krieg ihre Kraft und Bedeutung 
für die Existenz des Staats kennen gelernt hatten, andrerseits entgegen gieng, 
bewies sich, als Agesilaos noch nicht ein Jahr König war. Ein zur Mit- 
Wissenschaft gezogner Mann entdeckte den Ephoren, daß Kinadon, ein schöner 
und kräftiger, nicht zu den Vollbürgern gehöriger Jüngling, den man bereits 
zn manchem Geschäft verwendet, eine Verschwörung zum Sturz der vollberech- 
tigten Spartiaten gestiftet habe und bei nahe bevorstehendem Ausbruch auf 
die zahlreichste Unterstützung der übrigen Bevölkerungsklassen rechne. Es ge- 
lang sich des Haupts und der Verfchwornen zu bemächtigen und durch marter- 
volle Hinrichtung die augenblickliche Gefahr zu beseitigen^), aber man mnste 
dem Gedanken Raunt geben, der Gährung durch zeitweilige Entfernung der 
1) III 2, 21—31. Curtius Pel. II 15. Curtius ©riech. Gesch. 146—151. — 
2) III 3, 1—4. Sievers Gesch. Gr. 383. Hertzb. 15—20. Curtius ©riech. Gesch. III 
119 — 122. — 3) Vgl. § 55, 3 Anm. - 4) III 3, 4—11. Aristot. Pol. V G, 2. 
Herzb. 23 — 25. Curtiuö ©riech. Gesch. III 151 —157.
	        
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