2
Einleitung.
Unter einem Lande im geographischen Sinne haben wir einen Teil
der Erdoberfläche zu verstehen, der durch seine Natur als eine Einheit,
als ein Individuum erscheint. Der Umfang eines Landes ändert sich
nach dem Umfange der gemeinsamen Züge. Wir können Erdteile, Länder
und Landschaften als Abstufungen des Begriffes Land ansehen. Ein
solches geographisches Land ist nicht scharf begrenzt, sondern verliert nach
den Nachbargebieten allmählich seine Merkmale, bis sich durch das
Hervortreten anderer Eigentümlichkeiten ein neues Land bildet.
Die Natur eines Landes wie die der ganzen Erdoberfläche setzt sich
aus einer Reihe von Erscheinungen zusammen, die drei großen Gruppen
zugeordnet werden können; sie sind mathematisch-astronomische, physi¬
kalische und biologische Erscheinungen. Mit den ersteren beschäftigt
sich die mathematisch-astronomische Erdkunde, welche die Erde
als Weltkörper betrachtet, mit den zweiten die physische oder phy¬
sikalische Erdkunde, auch als Geophysik bezeichnet, mit den
letzten die biologische Erdkunde oder Biogeographie, der die
Pflanzen-, Tier- und Anthropogeographie angehören.
Die Aufgabe der Erdkunde erfordert zu ihrer Lösung eine Reihe
von Kenntnissen, die gleichsam die Elemente dieser Wissenschaft bilden.
Sie sind der Inhalt des Wissenszweiges, den man vielfach als allgemeine
Erdkunde zu bezeichnen pflegt, obwohl sie in Wirklichkeit nur die
Grundlage zu der Erd- und Länderkunde liefern. Es sind Kenntnisse,
die den übrigen Naturwissenschaften, der Astronomie, Geologie, Physik,
Meteorologie, Botanik und Zoologie sowie auch der Anthropologie, Ethno¬
logie und der Geschichte entnommen sind, die insofern Hilfswissen¬
schaften der Erdkunde sind.
Literatur :
Ferd. v. Richthofen, Aufgaben und Methoden der heutigen Geographie.
— Leipzig, 1S83.
Alfred Hettner, Das Wesen und die Methoden der Geographie (Geogr.
Zeitschrift. 11. Bd., 1905).
Geschichte der Erdkunde.
Die Erdkunde in der gegebenen Definition ist noch eine sehr
junge Wissenschaft, ihre Begründung fällt in die zweite Hälfte des
19. Jahrhunderts. Gleichwohl beschäftigten sich schon die ältesten grie¬
chischen Gelehrten mit geographischen Problemen. Als der bedeutendste
Geograph des Altertums ist Eratosthenes zu nennen, der im 3. Jahr¬
hundert v. Chr. bereits eine „Geographie" schrieb, in der alle Gebiete