Full text: Geschichte des Orients und Griechenlands (Bd. 1, Abth. 1)

54 Die Israeliten. 
Naphthali und in deßen Westen der nächste Grenznachbar vonTyrns Asser. 
Die den Phönikern nächsten Stämme (§16, 6 S. 43 Anm. 2) nahmen bei 
jenen als Frohnbanern Dienst. 
8 22. 
1. Nach seiner Ansiedlnng in Kanaan widerfuhren dem Volk Israel große 
innre und äußre Bedräugniße durch seine eigne Schuld. Denn 1) da es nicht, 
wie Moses geboten, die Heiden unter sich ausgerottet hatte, vielmehr mit den 
im Lande übriggebliebnen und den benachbarten in engen Verkehr, sogar durch 
Familienbande trat, so unterlag es häufig in großer Ausdehnung der Versuchung 
zum Abfall von Gott, indem nicht allein dieser selbst in Bildern ans heidnische 
Weise verehrt, sondern sogar den Götzen Tempel und Altäre errichtet und aller 
Opferdienst gebracht wurde. Solcher Abfall aber zog stets die Strafe auf dem 
Fuße nach sich; denn das Bewnstfein der Sünde machte das Volk kleinmütig 
und verzagt und unfähig zu kräftigem Handeln. 2) Die Stämme unter sich 
wurden uneinig, teils aus Neid und Eifersucht ob der Wohnsitze und des 
erworbnen Wohlstandes, teils aus Streben nach Obergewalt, teils in Folge 
von Verschiedenheit der innern geistigen Entwicklung. Wegen eines greulichen 
Verbrechens ward der Stamm Benjamin *) von den übrigen fast gänzlich aus- 
gerottet. Selten standen die Stämme gemeinsam gegen den äußern Feind, 
häufig bewiesen sie sogar nach glücklichen Thaten für das allgemeine Beste 
Schel- und Händelsucht, besonders der Stamm Ephraim, der auf die Vorstand- 
schast Anspruch erhob. Dieser innre Verfall regte 3) die benachbarten Stämme 
durch die Aussicht auf Erfolg zuerst zu Plüuderungs- uud Raubzügen, dann zu 
Uuteruehmungen auf gäuzliche Unterwerfung an. 
2. Gewis wäre das Volk zu Grunde gegangen, wenn nicht in den Zeiten 
der größten Gefahr uud Not Helden aufgetreten wären, welche im Volk die 
Umkehr zu Gott und freudiges Vertrauen zu ihm zu erwecken verstanden und 
dann nach Abwehr der äußern Gefahr als Entscheider in den wichtigsten An- 
gelegeuheiteu anerkannt wurden, daher Richter (Schophetim) genannt. So 
befreite Athuiel das Volk vou der Herschaft des mefopotamischen Königs Knsan 
Risathaim, uud Ehud vou der des Moabiten Eglou. Als der König des in: 
N. gelegnen Landes Chazor siegreich vordrang, erweckte die Ephraimitin De- 
bora das Volk zur Abwehr und uuter Barak's Führung schlug es die Feiude 
zurück. Durch einen glänzenden Sieg über die Midiauiter gewann Gideon 
solches Ansehn, daß er längre Zeit das Richteramt bekleidete. Freilich bewies 
sich auch unter ihm die uubezwingliche Neigung zum Götzendienst^). Sein S. 
Abimelech Versuchtesich zum König von ganz Israel zu machen, verlor aber dabei 
das Leben. Die Ammoniter, welche die östlichen Stämme plünderten und mit 
Knechtschaft bedrohten, wnrden unter des Gileaditer Jephta Führung geschlagen 
(Opfer der Tochter)^). Öfter fchou hatten die Philister das Land bedrängt: die 
wunderbaren Thaten des starken Simfon hielten sie nicht für längre Zeit zu- 
rück, vielmehr, als die ruchlosen Söhne des Hohenpriesters Eli das Richteramt 
1) Richter 19 f. — 2) Die viel bestrittne Stelle Richter 8, 21 läßt so viel klar 
erkennen, daß Gideon ein goldüberzognes Bild weihte und daß die mit diesem getriebne 
Abgötterei auf ihn und sein Haus zurückfiel. — 3) Richter 11, 3 berechtigt nicht zu 
der^Annahme, daß er Hauptmann einer Räuberbande gewesen (D. I 576). Von seinem 
Erbe gestoßen, trat er an die Spitze kühner besitzloser Gesellen und zog mit ihnen ans. 
Dies heißt nicht, daß er Wegelagerei getrieben: man muß vielmehr an Unternehmungen 
gegen die Erbfeinde feines Stamme« denken, weshalb ihn dann die Ältesten zum Heer¬ 
führer erkoren.
	        
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