Full text: Die Zeit von Christi Geburt bis zum Regierungsantritt Karls des Großen (Bd. 2, Abth. 1)

Hadrianus 117 — 138. 
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treffendsten Witz und wüste seiner Sprache und Darstellung eine geschmackvolle 
Feinheit aufzuprägen, die ungemein viel bestechendes und schon manchen seinen 
Schiffbruch am Glauben, sein Niederreißcn von allem für dessen Schönheit und 
Bedeutung kein Sinn ihm beiwohnt, sein Streben nach nur äußerem blenden¬ 
dem Glanz hat übersehn lassen H. Poesie war in einem solchen Zeitraum 
unmöglich. Alles lief auf den Roman hinaus, in dessen Form man Philosophie 
(Jamblichos), moralische und Liebesgeschichte (ibenophon der Ephesier), schauer¬ 
liche Wahnmärchen (Phlegon) kleidete, welche Form selbst von Lukianos wenn 
auch mit besserm Geschmack angewandt ward. — Von lateinischen Schrift¬ 
stellern sind zwei Historiker zu nennen: G. Suetonius Tranquillus'), 
welcher mit emsigem Fleiß aus Denkmälern und Urkunden Notizen über 
römische, besonders Kulturgeschichte und über Cäsar und die eilf ersten 
Kaiser sammelte und in einfacher klarer Sprache, aber ohne Verständnis des 
innern Zusammenhangs und tiefre Auffassung zusammenstellte, und Julius 
FlornZO), der moralisches und Vaterlandsgefühl durch den rhetorischen Bom¬ 
bast überwuchern läßt und der Vorgänger jener compendiarischen Darstellungen 
der römischen Geschichte ist, welche in großer Zahl die nächste Zeit dem Mittel- 
alter überlieferte. Einen Beweis dafür, daß es mit der römischen Litteratur 
zu Ende geht, liefert der Rhetor Cornelius Fronto^), der Lehrer des 
M. Aurelius und L. Berns, dem eine ehrliche Gesinnung ebenso wenig abzu¬ 
sprechen ist, wie sein zu dem verlegnen Archaismus zurückgreifender Stil den 
Mangel jedes Begriffs von Klassicität und der Schaffungskrast bekundet. 
Aus seiner Schule gieng A. G ellius hervor, der in 20 Büchern attischer 
Nächte bei vielem höchst Schätzenswerten doch die Krämerei des von der Gegen¬ 
wart sich planlos dem Altcrtnm zuwendenden llnterhaltungstriebes nicht ver¬ 
leugnet. Der kaum später lebende Afrikaner Appul eiuZG huldigte gänzlich 
dem philosophisch-mystisch-magischen Unsinn, verstand es aber in seinem 
Roman, den Metamorphosen, seinen Zeitgenossen ein sie ganz befriedigendes 
Bild des Lebens zu bieten. Seine aus afrikanischen Provinzialismen und aus 
Archaismen gemischte Sprache ist ein Zeugnis, wie weit der Abfall von den 
Grundsätzen der klassischen Zeit sich vollzogen hatte. 
8. Hadrians Verdienst ist die Blüte, welche die bildenden Künste 
erreichten. Die Kaiserzeit hatte das schon längst in den vornehmen und gebil¬ 
deten Römern herschende Streben großartige Bauwerke zu schaffen und sich mit 
Werken der Kunst zu umgeben gesteigert. Das Schwinden der Aufregung des 
politischen Lebens und der ruhige Genuß des sich in Italien aufhäufenden 
1) Von ihm haben wir sehr viele Schriften. Weil er die Mythologie lächerlich 
macht, Verkehrtheiten an den Gegnern des Christentmns aufdeckt und doch auch 
tiefre moralische Gedanken nid)t verschmäht, hat man ihn fälschlich für einen Fördrer, 
ja wol gar für einen Anhänger des Evangeliums gehalten. — 2) Er war Geheim¬ 
schreiber Hadrians. Dic vitae XII Caesarum sind vollständig erhalten, das Buch <le 
illustribus grammaticis und das Fragment de claris rhetoribus nur Bruchstücke seiner 
übrigen umfänglichen Arbeiten. •— 3) Epitomae de T. Livio bellorum omnium an¬ 
norum DCC libri II. Mit ihm zusammen wird gewöhnlich des L. Ampelius lib. 
memorialis herausgegeben. — 4) Er war ;u Cirta in Numidien geboren und in 
Alexandrien gebildet. Wir besitzen von ihm außer einer kleinen Schrift de differen¬ 
tiis vocabulorum bedeutende Bruchstücke seines Briefwechsels mit Antoninus und 
seinen Schülern. — 5) Geb. zw. 125 n. 130 zu Madaura an der Grenze Numi¬ 
dicus. Von seinen Werken haben wir die oratio de magia (apologia), de deo So¬ 
cratis, de dogmate Platonis, de mundo, Florida. Die Metamorphoseon libri XI, 
sonst auch de asino aureo genannt, enthalten die berühmte Fabel von Amor und 
Psyche. Der Stoff war wol schon vorhanden und auch Lukian hat ihn behandelt. 
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