102 T. Antoninus Pius 138—161. — Marcus Aurelius 161 — 180.
noch milder verfahren sein, als sein Vorgänger, obgleich er in den rechtlichen
Verhältnissen nichts änderte.
2. Nachdem Hadrianus die Provinzen durch sein persönliches Walten in
beste Ordnung gesetzt hatte, entsprach Antoninus wol am besten dadurch seiner
Pflicht, daß er vom Mittelpunkt aus (er reiste uie weiter, als vou Rom nach
Campanien) ein aufmerksames Auge auf sie gerichtet hielt. Vertrauewverdienende
Statthalter und Beamte ließ er möglichst lange auf ihren Stellen, schlechte und
unbrauchbare entfernte er schnell. Wir haben keinen Bericht, daß er eine wichtige
Neuerung im Staate eingeführt habeH, doch wird ihm nachgerühmt, daß er
erfahrne Geschäftsmänner stets zu Rat zog und den Senat so weit frei walten
ließ, als es sich mit der absoluten Monarchie vertrug. Zwar war seine Regie¬
rung nicht ganz ruhig: Caledonier, Germanen, Alanen, Parther, Mauren
regten sich mehrmals und Aufstände blieben nicht ganz aus (darunter auch einer
wieder von Juden), allein entweder warfen die schlagfertigen Heere rasch die
Feinde nieder, oder des Kaisers Unterhandlungen stellten schnell den Frieden
wieder her. Wegen seiner Friedensliebe ward er denn auch mit Numa Pom-
pilius verglichen. War seine Regierung eine Periode des Glücks? Man wüste
einen durchaus wolwollenden Mann auf dem Throne, aber sein Beispiel
ward nicht nachgeahmt und die auflöscnden und zersetzenden Elemente wurden
nicht zurückgedrängtSie ist eine Zeit äußrer Ruhe, wie sie vor dem
Ausbruch heftiger Krisis im kranken Körper vorherzugehn pflegt, und gleicht
der Windstille, wärend deren unbemerkt die Natur die Vorbereitungen zum
Ausbrechen des gewaltigsten Gcwittersturmes trifft. Antoninus starb am
6. März 161.
Marcus Aurelius 3) 161 — 180.
§ 24.
l. Zum erstenmal sah Rom eine Doppelregierung, indem M.
Aurelius seinenAdoptivbruder L. Berus zum Mitregenten annahm und als
solchen vom Senat bestätigen ließ. Dazu mag ihn Pietät gegen Hadrianus mit
bestimmt haben, wenn aber berichtet wird, daß seine Kränklichkeit ihm den
Anlaß gegeben, so finden wir den Gedanken, daß des Reiches Größe nicht
füglich durch eines Mannes Kraft regiert werden könne, zum ersteumal hervor¬
gedrängt, obgleich es noch längerer Zeit bedurfte, ehe er zur praktischen Durch¬
führung gelangte. — Die Vorsehung Gottes gab dem Römerreich in dem
Moment, wo die ersten gewaltigen Stöße zu seiner Zertrümmerung erfolge::
sollten, einen der ausgezeichnetsten Regenten, die jemals geherscht, und nur
durch einen solchen konnte die Wucht des Anpralls gehemmt werden, damit
die zur Fortdauer bestimmten Elemente im Römerstaat erhalten, die austür¬
menden Völker aber zu einer tüchtiger:: Organisation geführt würden. Marcus
Aurelius hatte bis zu seiner Thronbesteigung den ernstesten wissenschaftlichen
Studien sich hingegeben, seine Liebe zur Philosophie war so stark, daß er selbst
im Felde in der Beschäftigung mit ihr und dem Niederschreiben seiner Selbst-
betrachtungenH seine Erholung und Kräftigung suchte. Seine Philosophie ist
1) Die Sklaven erfuhren unter ihm weitere Milderung ihres Looses. — 2) Daß
gegen einen solchen Kaiser eine Verschwörung zu. Stande konnnen konnte, beweist
hinlänglich, daß Genuß das einzige Motiv des Volkes blieb. — 3) In den alten
Quellen heißt er nur M. Antoninus philosophus; die jetzt übliche Benennung dient
zur bessern Unterscheidung von seinem Adoptivvater und Vorgänger. Über die Quellen
zu seiner Geschichte s. v. Wictesh. 11 6—10. — 1) Tcüv eis eavrov ßißh'cc iß.