Marcus Aurelius 161 — 180.
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den ihm noch unbekannten Krieg zu eilen und er riß auch L. Berns, der lieber
in Noin fortgeschwelgt hätte, mit sich fort. So wurden denn 167 die Feinde
zurückgedrängt und nach einem glänzenden Siege Mare Aurels 168 die Siche¬
rungsmittel wieder hergestellt. Die beiden Kaiser konnten nach Rom heimkeh¬
ren, aber im Jan. 169 starb L. Berus an der Seite seines Mitkaisers unweit
Altinum (östl. von Patavium), vom Schlage getroffen l). Doch der Sieg war
ein scheinbarer gewesen. Mit größrer Kraft und von mehr Seiten brachen die
Feinde in das Reich ein, stürzten die Castelle um und vernichteten die Be¬
satzungen. Der Schatz war leer; Steuererhöhung berechtigt, aber bei den Leiden
durch Hungersnot, Pest und Krieg hart. M. Aurelius bringt die von den
Kaisern aufgehänften Kostbarkeiten unter den Hammer und gewinnt die Geld¬
mittel zum Kampfs). Die Ungeheuern Verluste an Kriegern nötigten Ger¬
manen in Sold zu nehmen, Hausen von Gladiatoren und Sklaven ins Feld
zu führen, ja Straßenräuber den Soldaten einzureihn. Von seinen Thaten
im Kriege wissen wir mit Sicherheit nur, Haß er Carnuntum^) zum Mit¬
telpunkte nahm und es ihm gelang, die Feinde einzeln zu besiegen, zuerst die
Markmannen (170?), dann die Jazygen (172), zuletzt die Quaden (174) H.
Noch fehlte den Deutschen die Ausdauer bei erlittnen Unfällen. Die Völker
schlossen einzeln Frieden, zuerst die Quaden, dann die Markmannen 174. Den¬
selben nachanfänglicherWeigernng auch den Jazygen zugewärenward derKaiser
durch anderwärts drohende Gefahr 175 bewogen. Eine fast unerhörte Menge
von Gefangnen wurden in die Hände der Römer zurückgegeben 5); das Land
am Nordufer der Donau, gegen Markmannen und Quaden von einer, gegen
die Jazygen von zwei Meilen Breite, wurde ein limes, auf dem die Römer
Castelle und Schanzen errichten, jene Völker aber nur unter strengen Uber-
wachungsmaßregeln verkehren durften. Eine Menge deutscher Heerhaufen
(jedenfalls Gefolgschaften), von denen einige noch nach jenen Friedens¬
schlüssen gekämpft zu haben scheinen, erhielten in verschiednen Ländern des
Reichs Ansiedlungen. Aus gefährlichen Feinden sollten sie streitbare Unter-
thanen werden; nur durch Germanen kann das Römerreich noch eine Zeitlang
gegen die Germanen sein Bestehn fristen.
4. Was M. Aurelius bewogen den Jazygen den Frieden zu gewären,
war die Kunde daß Avidius Cassins sich im Oriente zum Imperator auf¬
geworfen und von Syrien und Ägypten die Huldigung erlangt hatte 6). Noch
war das Heer, welches der Kaiser nach dem Orient zu führen gedachte, und
1) Das aus Münzen von Eckhel bestimmte Datum paßt am besten in den Ver¬
lauf der Begebenheiten, wie er sich aus Quellenschriftstellern ergibt. — 2) Das Er-
standne durfte später jeder um den gezahlten Preis zurückgeben, ward aber nicht
dazu gezwungen. — 3) Auf dem rechten Douauufer westwärts von der Einmündung
der March. — 4) Bei dieser Gelegenheit hofften die Feinde; das römische Heer
werde durch Wassermangel bei driickender Hitze zu Grunde gehn. Ein unerwartetes
plötzliches Gewitter brachte Rettung. Die christlichen Schriftsteller (Tertull. apol. 5.
Euseb. h. e. V 5) schreiben dies dem Gebet der Christen in einer Legion zu. Gewis
ist, daß die Heiden davon keine Notiz nahmen, sondern das Wunder dem von einem
Zauberer beschwornen Mercnrius, M. Aurelius selbst ans seiner Lenksäule dem
Jupiter Pluvins zuschrieb. Falsch ist auch, daß die Legion davon den Namen ful-
miuea oder fulminatrix erhalten habe, weil die Geschichte darthut, daß es eine legio
fulminata (dies die rechte Schreibung) schon unter Augustns, eine zweite dieses
Namens aber niemals gab. — 5) Die Quaden lieferten zuerst 13000, dann 50000,
die Jazvgen 100000 zuruck. Den König, welchen sich die Quaden gesetzt, Ariogäsns,
erhielt M. Anr., nachdenr er ans seinem Kopf einen hohen Preis gesetzt hatte, lebendig
in seine Gewalt, strafte ihn aber nur durch Relegation nach Alexandrien. — 6) Man
erzählt, die Kaiserin Faustina habe jenen dazu. anfgefordert, und vielleicht hat sie auch