Jovianns 363 — 364.
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mitten in Feindesland von einem fast sichtbar dem Untergang geweihten Heere
die Krone annahm. Dnrch einen ans Furcht vor dem nenen Herscher übergelanf-
nen Fahnenträger erfahr der schon mit starker Macht herangenahte Sapor
Julianus' Tod und befahl starke Reiterei entsendend sofortigen Angriff. In
den nun folgenden harten Gefechten gewann das römische Heer immer die
Oberhand nnd fügte dem Feind beträchtlichen Schaden zu, doch stieg die Ge¬
fahr aufs höchste, als es sich in Dura um den l'lbergang über den anschwellen¬
den Tigris handelte. Da bewies der Perserkönig ächt staatsmännischen Blick,
indem er statt den Feind zur Verzweiflung zu treiben Frieden Lot. Freilich
hart waren die Bedingungen. Fünf Provinzen diesseit des Tigris mit fünf¬
zehn Festen nebst Nisibis, Singara und Castra Maurorum sollten abgetreten
und dem Armenierkönig jeder Beistand entzogen werden. Mit Mühe ward er¬
reicht, daß die Bewohner von Singara und Nisibis und die Römer aus den
Festungeil freien Abzug erhielten. Mag man vermuten daß Julianus mit
seiner stürmischen Kühnheit die Trümmer des Heers nach Corduene würde
gebracht haben, mag man zugeben daß Jovianns auch die Sorge um die An¬
erkennung feines Kaisertums bewegtes, mag man noch so laut den Frieden
als des alten (freilich längst dahin geschwundnen) Römertums unwürdig ver-
schrein, will man die menschliche Sorge um Erhaltung des leidenden so be¬
trächtlichen Heers, um die Einheit des von allen Seiten bedrohten Reichs lie¬
ber der Feigheit als der Besonnenheit zuschreiben und daß der Kaiser sich dnrch
keüle Bitten und lockende Gelegenheit den auf 30 Jahre beschwornen Frieden
auch nicht in einer Bedingung zu brechen sich bewegen ließ unehrenhaft
nennen? Trotz des Friedens hatte das Heer noch Mühseligkeiten und Leiden
genug zu bestehn, ehe es sich mit Procopins Abteilung vereinigte und endlich
Ruhe und Pflege fand. Von Antiochien eilte Jovianns nach dem Westen,
liachdem er in Tarsus für feines Vorgängers Grabmal gesorgt, starb aber am
17. Februar 364 zu Dadastana in Bithynien an einem plötzlichen Unwolsein.
Wolwolleil und Bedachtsamkeit werden ihm nachgerühmt. Da er ein eifriger
Christ war (er erkannte die Beschlüsse des nieänischen Coneils an und rief
Athanasius auf seinen Bischofssitz zurück), so dürfen wir wol in seiner Wahl
eine mehr oder weniger bcwuste Protestation des Heers und seiner Führer
gegen die von Julianus versuchte heidnische Neaetion sehn^).
Valentimmms I 364-375. Valens 364—378.
Gratianus 367—383.
2. Nachdem Sallustius abermals die Erhebung zum Thron ausgeschla¬
gen , erkor das Heer einstimmig den durch Tapferkeit und Geschicklichkeit be-
wärten Valentinianus, einen rechtgläubigen Christen, zum Augustus,
1) I. sandte bald au seinen Schwiegervater Lucillianus, der von öffentlichen
Geschäften znrückgezogen lebte, daß er in Mailand der Ruhe des Westens wcchr-
uehme, nnd an Malarich, der in Italien beschäftigt war, au die Stelle des in
Gallien befebligenden Iovinus zu treten. Der letztere schlng den Antrag ans. ßu=
cillianns gieng selbst nach Gallien, ward aber von Soldaten, welche ein zur Rechen¬
schaft gezogner Beamter anfwiegclte, ermordet. Jovinns, von der Absicht seiner
Entsetzung glücklicher Weise noch nicht unterrichtet, sandte seine Unterwerfung ein.
Ammm. XXV 8, 8 f. 10, 6 f. — 2) Mit Jovianns' Tod schließt Eutropius' bre¬
viarium biswrlae romauae, das dem Kaiser Valens gewidmet ist. In der frühern
Zeit dürftig und unkritisch zeichnet es sich dnrch besonnenes nnb treffendes Urteil
tn der Zeitgeschichte ans. Die Sprache ist knapp und schmucklos: ein Beweis daß
der lateinische Geist dnrch die Rhetorik und Sophistik noch nicht ans allen Kreisen
verdrängt war«