Full text: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

Otto I der Große 936 — 973. 
119 
953 nach Ingelheim kam, erhielt Otto die Gewisheit, daß ein Überfall von 
Liudolf und Konrad bevorstehe. Er suchte Sicherheit in Mainz, wo er eine 
fast ungebürliche Aufnahme fand und lange der Ankunft des angeblich mit 
Andachtsübungen in der Einsamkeit beschäftigten Erzbischofs harren mußte. 
Hier traten Liudolf und Konrad mit der Erklärung vor ihn, daß er von 
ihnen nichts zu besorgen habe, sie aber den Herzog Heinrich, wo sie ihn 
fänden, greifen würden. Mag man es Schwäche nennen, daß Otto, hülflos 
von Feinden umgeben und im Vaterherzen auf's tiefste betroffen, sich bestimmen 
ließ, jenen schriftlich das Versprechen rechtlicher Untersuchung ihrer Sache 
zu geben, mag man es dann als Treulosigkeit bezeichnen, daß er in Sachsen 
das Versprechen als erzwungen für nichtig erklärte, die Auslieferung der 
Urheber der Verschwörung forderte und die gleißnerifch friedliebenden 
Mahnungen des Erzbischofs zurückwies: ^er hatte den König wieder 
gefunden'^). Auf dem Reichstag zu Fritzlar (Apr. 953) wagte nur 
Friedrich zu erscheinen, allein Heinrich begründete die Anklage gegen ihn so, 
daß er, von allen für schuldig erachtet, schleunigst nach Mainz heimkehrte. 
Zwei thüringische Grafen wurden der Teilnahme an der Verschwörung über¬ 
führt und bestraft. Konrad suchte sich feines Herzogtums, das ihm abgc- 
sprochen war^), zu versichern. Aber Otto hatte— freilich im Widerspruch 
mit dem Grundsatz, den er bei Ordnung der dortigen Verhältnisse befolgt — 
seine frühere Gegenpartei, namentlich Giselbrechts Bruder, den Grafen Ragi- 
nar von Hennegau, aufgeboten und da Konrad in der erbitterten Schlacht 
ob der Maas den Sieg zwar sich nicht abringen ließ, aber auch nicht gewann, 
so gieng er nach Mainz, um im Verein mit Liudolffdem mit starkem Heer 
herangerückten König die Spitze zu bieten. Ohne Erfolg zog sich die Belage¬ 
rung hin. Die kriegerische Tapferkeit und Geschicklichkeit ließen in Liudolf 
und Konrad die Empörer vergehen. Sehnsucht nach dem Ende des unnatür¬ 
lichen Kriegs erwachte im königlichen Heer und gab sich in Murren gegen 
Heinrich als den Urheber desselben kund. Otto's Herz war dem Frieden 
geneigt. Unter Bürgschaft erschienen Sohn und Schwiegersohn im Lager, 
baten für sich um Verzeihung, weigerten sich aber standhaft ihre Genoßen 
der Bestrafung preiszugeben, und als Herzog Heinrich schneidend sie anf- 
forderte, ihre angebliche Rechtssache mit ihm durch Kampf anszumachen, 
kehrte Liudolf schweigend, taub auch gegen des priesterlichen Oheims Brun 
Mahnungen an das vierte Gebot, in die Stadt zurück. Die Vereitlung der 
Friedenshoffnungen verstärkte die Stimmung in Otto's Heer; er gab die 
Belagerung auf und entließ es. Unruhen drohten in Sachsen. Graf 
Ekb ert, WichmannsH S., war, wärend er als Bürge in Mainz weilte, für 
die Verschwornen gewonnen worden. Liudolf und Konrad umstellten die dem 
König zuziehenden Sachsen an den Grenzen Frankens. Wärend der eine 
Führer derselben, Gras Thiadrich, unerschütterlich in der Treue beharrte, 
schloß sich der andere, der jüngere Wichmann seinem Bruder Ekbert an. 
Was aber noch schlimmer, in Baiern trat Pf alz graf Arnols an die 
Spitze der Unzufriednen, da die Zeit gekommen schien das Volksherzogtum 
herzustellen. Mit seiner Hülfe vertrieb Liudolf die Gattin, die Kinder, die 
Freunde Heinrichs, verteilte jenes Schatz unter seine Anhänger und bemäch¬ 
tigte sich des ganzen Landes, wärend Arnols nach Schwaben zog und Augs- 
1) Wldukinds Worte. — 2) Die Quellen schweigen davon, das; über Liudolf 
dasselbe verhängt worden sei. Sollte Otto gehofft haben, durch möglichste Schonung 
das Herz des Sohnes juv Pflicht zurückzuführen? — 3) § 100, 2 Anm. u. 3 
Amn. 4.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.