Otte H 073 — 83.
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im Geist der Zeit wurzelnden Ideen gebaut und sich gestützt hatte, sofort
wieder in ein feindlich entgegenwirkendes Element sich wandeln. Deshalb
muste zur Erhaltung und Weiterfortführung des von ihm geschaffnen sein
Nachfolger nicht allein lebendig von den Ideen ergriffen, rasch und energisch,
hochherzig und über das Kleinliche erhaben fein, er bedurfte auch kluger
Voraussicht, unbeirrter Zähigkeit und der Unabhängigkeit von feiner Umgebung.
Im Besitze jener ersteren Eigenschaften, noch erhöht durch ungewöhnliche
wissenschaftliche Bildung, stand Otto II, der achtzehn Jahre alt ohne Wider¬
spruch des Vaters Thron bestieg, an der Spitze seiner Zeitgenoßen und
liebenswürdig erscheint er stets in seinem begeisterten Handeln und herzlichen
Verhalten *), wenn schon er die zuletzt genannten Tugenden manchmal ver¬
mißen läßt: vielleicht, daß er auch sie gewonnen hätte, wäre ihm zur vollen
Reife ein längeres Leben beschieden gewesen. Man findet es begreiflich, daß
er den Einfluß der dem irdischen Leben sich immer mehr abwendenden Mutter
Adelheid der Vorliebe zu seiner, wenn auch bei den Deutschen niemals Liebe
findenden, doch tadellosen, hochgebildeten und schönen Gattin Theophano und
zu jugendlichen Freunden nachstellte: hat er doch die trennende Kluft mit voller
Kindesliebe wieder ausgefüllt'). Durchaus trat er in die Spuren seines
Vaters durch die hochherzige Förderung der Kirche, namentlich der Mission,
wovon wir unten an mehreren Stellen Zeugnisse anzuführen haben werden.
Auch war die Begabung fo vieler Klöster und Kirchen eine Fortsetzung der
von jenem eingeschlagnen Politik, gegen die Macht der widerspenstigen
weltlichen Großen durch Erhöhung der geistlichen Würdenträger eine Stütze
zu suchen. Man kann sich kaum wundern, daß der Betrug, der mit den
Pseudoisidorischen Decretalien unter so unglaublichem Erfolg gespielt worden
war, nun auch durch Urkundenfälschung in Bezug auf Recht und Besitz von
einzelnen Geistlichen geübt ward^), aber Vernachläßigung der durch Brun so
schön geordneten kaiserlichen Kanzlei ist nicht abzuleugnen und immer ein
bedauerliches Anzeichen davon, daß die Jntrigue im Leben und am Hofe
Eingang gewann.
2. Unter den Herzogtümern machte das bairische in der Erinnerung
an die unter den Karolingern selbst nach Thassilo's Fall anerkannte Selbstän¬
digkeit und in Folge der Art seines Wiedererstehens Ansprüche auf höhere
Bedeutung und fand für deren Geltendmachung bei den Landesangehörigen
bereitwillige Unterstützung. War auch von Otto dem Gr. das Recht die Bis¬
tümer und Stifter zu vergeben entzogen worden (§ 101, 3), so hatte doch sein
Bruder Heinrich die Geistlichen niedergehaltcn und durch seinen Einfluß beim
Bruder seines Landes Ansehn erhoben. Rach seinem Tod dehnte Judith als
Vormünderin ihres S. Heinrich, unterstützt durch den Bisch. Abraham v. Frei¬
singen, des Arnolfingischen Hauses Geltung aus, zumal ihre Tochter Hedwig
auf ihren Gatten Burkhard II und somit Schwaben alles vermögenden Einfluß
besaß. Die Erneuerung der Ma rk e n K ä r n t e n, K ra i n und der O ft m ark H
schwächte, weil sie ihr untergeben waren, die herzogliche Macht nicht, trug
1) In seiner kleinen Gestalt wohnte ungemeine Kraft und an Mut stand er
keinem nach. Von der gewöhnlichen Färbung seines Antlitzes trägt er den Beinamen
der Rote. — 2) Seit 975 begann Adelheid Lieblosigkeit zu empfinden, sie gieng
978 nach Italien und wandte sich 980 nach ihrer Heimat Burgund, doch 981 erfolgte
die völlige Aussöhnung. Giesebr. Jahrbb. S. 25 — 28. — 3) S. bes. Hirsch:
Jahrbb. unter Hcinr. H. 1 S. 46 — 60. — 41 970 wird in Kärnten Markward, 972
in der Ostmark Burchard, 974 Poppo in Krain erwähnt. Giesebr. Jahrbb. S. 1t,
Bnd. S. 267 f.