Heinrich III der Schwarze 1039 — 1056.
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beleidigung, Gift- und Meuchelmord die härtesten Strafen augedroht und
die Bedingungen, unter welchen Vassallen die Lehen entzogen werden könnten,
festgestellt wurden *), wer kann daran zweifeln, daß arge Zuchtlosigkeit dort
eingerisfen war und der Kaiser feine Pflicht darin erkennnen muste, jenen
Gesetzen druck) persönliches Einschreiten Nachdruck und Einführung ins Leben
zu verschaffen? Eine dritte für ihn noch dringendere Veranlaßung war
folgende: Nachdem Bonifacius von Tuscien (6. Mai 1052) durch
Mördershand getödet war, muste feine Gattin Beatrix befürchten, daß
ohne männlichen Beistand ihr mit ihren drei unmündigen Kindern, Friedrich,
Beatrix und Mathilde, unmöglich fallen werde, den Angriffen der zahl¬
reichen durch Bedrängnng und Übermut gereizten Feinde zu widerstehn, zumal
der gemordete Gatte in letzter Zeit des Kaisers Gunstund Vertrauen verscherzt
hatte. Was konnte ihr erwünschter fein, als daß, um fein verlornes Glück
wiederherzustellen, ihr Landsmann Gottfrid der Bärtige, der feine
unerfchrockne Willenskraft der höchsten Macht gegenüber bewärt hatte, sich
ihr zum Ehebund erbot? Sie nahm das Erbieten an, Gottfrid verließ 1054
heimlich Deutschland, die Ehe ward vollzogen. Wer mag Heinrich III die
ernste Besorgnis verargen, daß der Mann, welcher ihm am hartnäckigsten
getrotzt und seine wichtigsten Pläne am häufigsten durchkreuzt hatte, im
Besitz eines reichen Erbes in Italien und zahlreicher Verbindungen in Loth¬
ringen ein höchst gefährlicher Gegner des Kaisertums werden werde? Die
Folgezeit hat klärlich dargethan, wie gerecht sein Mistranen ob dieser Ehe
war. Und doch welche Vorsicht war nötig, da jeder Schritt, selbst wenn das
vollste Recht auf seiner Seite lag, Erbitterung erregen muste! Nach Ostern
1055 hielt er ans den ron cali sch en Feldern bei Piacenza — zum ersten
Mal hatte dieser Platz die Ehre: später ward es zur Regest— den Reichstag
für Italien und strenge Ahndung traf die überführten Übelthäter. Nicht
minder wurden mehrere Bischöfe ihrer Ämter entsetzt und zu Florenz in
Gemeinschaft mit Victor II Leo's IX Anordnungen gegen die Simonie, die
Priesterehc und den Verkauf geistlicher Güter erneuert und bestätigt. Eben
kehrten die Abgesandten aus Konstantinopel zurück, erfüllt vom Bewustsein
glücklich vollzognen Auftrags, da sie dort im Einverständnis mit dem Kaiser
öffentlich über den Patriarchen und Leo von Ochrida den Bann ausgesprochen
hatten. Schnell waren diese Hoffnungen verloren gegangen, indem nach ihrer
Abreise ein Volksaiststand die Zurücknahme der getroffnen Maßregeln
erzwungen und die orientalische Kirche einmütiger, als je vorher, und unver¬
söhnlicher der römischen abgesagt hatte. In Italien raubte ihnen ein Graf
Thrasamnnd die mitgebrachten Geschenke und Friedrich ward als Gottfrids
Br. so hart vorn Mistraueu des Kaisers betroffen, daß er als Mönch in Monte-
casino eine Zufluchtsstätte suchte und doch noch mehrmals seinen Aufenthalt
wechseln muste. Thatsächliche Beweise2) des Unwillens, welche er von
Heinrich III erhielt, bewogen Gottfrid sich zu Balduin von Flandern zu
begeben. Seine Gemalin gieng, jedes Mistrauen abzuschneiden, mit ihren
Kindern an des Kaisers Hof und harrte, obgleich sie wie eine Gefangne
gehalten wurde, dort aus^). Die Erfahrung diensteifriger Ergebenheit des
Papsttums, die er gemacht^) und deren er von Victor II wegen seines frühern
1) Giesebr. a. a. O. 11 487 f. — 2) Sie bestanden darin, daß den Städten
im Gebiete Tusciens die Abgaben und Dienste, über deren Aufbringung sie klagten,
abgenommeir wurden. — 3) An dein Tod ihrer beiden Kinder, Friedrich und Bea¬
trix, trifft Heinrich 111 keine Schuld, nicht einmal Verdacht. Mathilde war die einzige
Erbin. — 4) Leo IX hatte ja mit Bann Gottfrid bekämpfen helfen.