Full text: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

Heinrichs IV spätere Regierung und Ende. 
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(§ 109, 21). Der junge Gatte machte seine ersten Feldzüge freilich mit 
solchem Mis- und Ungeschick, daß die kluge Frau zur Sammlung neuer 
Kräfte einen Waffenstillstand schloßt). Das war die Lage der Dinge, welche 
Heinrich IV zum dritten Zug nach Italien bewog. Hier nur konnte 
er dem noch allein ihm widerwärtigen Schwaben die Zuführung neuer Kräfte 
abschneiden. 
6. Ende April 1090 war er ohne Hindernis vor Mantua, Mathildens 
Stadt, gelangt. Die Bürger verteidigten sich so tapfer, daß erst nach Jahres¬ 
frist der Hunger sie zur Übergabe zwangt). Bald mußte sich die Markgräfin 
auf die Verteidigung ihrer festen Plätze beschränken. Clemens III, aus Rom 
von Urban II vertrieben, kehrte abermals nach der Stadt zurück und brachte, 
da keine normännische Hülfe dem Gegner zu Gebot stand — Jordan von 
Kapua war gestorben, sein Sohn und Erbe Richard hatte mit seinen eignen 
Unterthanen Rot —, sogar die Engelsburg in feine Gewalt^). Durch Zuzug 
aus Deutschland verstärkt, verwandelte Heinrich IV einen Überfall durch 
Mathildens Heer in eine Niederlage für dasselbeH. Er nahm 1092 mehrere 
Burgen jener feiner Feindin und bedrängte sie in Monteveglio so gefähr¬ 
lich, daß sie alle ihre Kraft zusammennehmen mußte, ihren zum Frieden mit 
dem Kaiser drängenden Vaffallen zu widerstehen. Der Überfall, den Heinrich 
dann, von Monteveglio abgezogen, auf Canossa unternahm, ward durch 
die Besatzung so blutig zurückgewiesen, daß die Markgräfin wieder über den 
Po vordrang und 1093 einen Bund der von der Pataria beherschten Städte, 
Pia een za, Lodi, Cr emo na und Mailand zu Stande brachte. Die Bürger 
schloßen die Alpenpäße: um so empfindlicher für den Kaiser, weil er nach 
Entlaßung vieler seiner Getreuen, deren Güter in Deutschland von den 
Aufständigen bedroht waren, dringend der Hülse von dort benötigt war^). 
Und zwei Streiche führte die Kirchenpartei gegen ihn, welche nicht allein 
seine Macht brachen, sondern auch seinen Ruf in den Augen der Welt ver¬ 
nichteten und seinem Herzen eine nie verharschende Wunde schlugen. Nach 
der Großmutter Adelheid von Turin Tod (19. Dec. 1091) hatte er 
den König Konrad mit einem Heer nach dem Westen gesandt, damit er, 
der allein berechtigte Erbe, die Länder in Besitz nähme ^). Für den jetzt 
19j. Jüngling legt die Achtung und die Liebe, welche er sich bei den Ita¬ 
lienern erworben, ein günstiges Zeugnis ab. An der Aufrichtigkeit seiner 
Liebe zum Vater ist um so weniger zu zweifeln, da er auch nach dem traurigsten 
Zerwürfnis keinen Flecken auf jenes Namen bringen ließ. Was ihn vom 
Vater zurückgestoßen, können wir nur aus dem sogleich zu erzählenden ver¬ 
muten, aber gewis ist, daß er mit Überzeugung den von Rom verkündeten 
Sätzen zugethan war. Das machte der schlauen, kein Köderungsmittel ver¬ 
schmähenden Mathilde möglich ihn zur Übertretung des vierten Gebots zu 
verleiten. Er trat zu Urbans II Partei und ließ sich in Monza und Mailand 
zum König der Lombarden krönen^). Keinen unseligem Schritt hatte ferner 
Heinrich IV je gethan, als daß er, nachdem der Tod seine erste Gattin, die 
von der Geschichte mit dem Kranz edelster Tugendhaftigkeit gekrönte Bertha 
1) Floto II 331. Giesebr. III 619 f. Undenkbar ist, daß Urban II von Mathil¬ 
dens Verfügung über ihre Güter nichts gewust habe. Konnte man beweisen, er habe 
dieselben Welf als Vassallentum des apostolischen Stuhls überlaßen wollen, so würde 
er doch nicht vom Vorwurf eines Betrugs ganz freizusprechen sein. — 2) Floto II 
342 — 44. Giesebr. III 620. 622 f. — 3) Floto II 333. Giesebr. III 585. 624. — 
4) Floto II 344. Giesebr. III 625. — 5) Floto II 344 — 47. Giesebr. III 627—29. 
- 6) Giesebr. III 626. — 7) Floto II 346 f. Giesebr. III 630—32.
	        
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