5Dic ersten vier Cgpetinger 987 — 1106. — England 800 — 1100. 303
haben das Auftreten Urbans II in Frankreich als ein vollständig über
Seelen und Leiber gebietendes kennen gelernt und noch kennen zu lernen.
Der König hinderte den Kreuzzug nicht, sogar sein Bruder Hugo von Ber¬
ma n d o i s schloß sich den Schaaren, welche bewaffnet zur Befreiung des heiligen
Grabes auszogen an; selbst an die Spitze zu treten hielten ihn vielleicht kluge
Bedenken ab, unmöglich war es ihm ohnehin gemacht durch einen Streit,
in welchen er sich durch Unsittlichkeit mit der Kirche verwickelt hatte. Aus
keinem andern Grund, als aus Sinnlichkeit hatte er nach zwanzigjähriger
mit Kindern gesegneter Ehe seine Gemalin Bertha von Flandern ver¬
stoßen und nach dem Schloße Montreuil verbannt und 1092 die schöne, aber
ganz lockere Bert rada von Montsort mit ihrer Bewilligung ihrem
Gatteil, dem Grafen Fulko von Anjou, entführt. Es fand sich ein Bischof,
welcher die Ehe noch bei Lebzeiten der ersten Gattin einzusegnen sich erdreistete,
aber nicht allein der Bruder Bertha's Robert von Flandern und der
gekränkte Gatte Bertrada's fielen verheerend über seine Besitzungen her, der
Papst schleuderte in Clermont 1095 den Bannfluch über ihn. Wäre die
allgemeine Aufmerksamkeit nicht auf ganz andere Dinge gerichtet gewesen, er
würde wol nicht so lange durch nicht gehaltne Versprechungen sich hingezogen
haben. Auch als er 1104 mit Bertrada sich vor der Kirchenversammlung zu
Paris gedemütigt und die Lossprechung erreicht hatte, blieb seine Fortsetzung
des Verhältnisses ilur unbeachtet. Und unbeachtet konnte er bleiben, da er
seit 1100 die Regierilng seinem zum Nachfolger gekrönten Sohn Ludwig VI
überlaßen hatte, mit dein eine beßre Zeit begann.
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England 800 — 1100.
1. Der erste Schritt, welchen Egbert (800 — 836), nachdem er mit
dem Königtum von Messer die Bretwaldawürde erlangt hatte (8 77, 8),
that, daß er die Angelsachsen bewog alle ihre Landschaften und Stämme unter
dem Namen Angelland (Anglia, England) zusammenfaßen und den
Namen des gemeinsamen Haupts in den eines Beherschers zu verwandeln,
war nicht von wesentlichen Folgen begleitet, bis E., nachdem er 809 sein
Reich durch Siege über die Briten in Cornwales gesichert und in längerem
Frieden die Kraft desselben vermehrt, die innern Unruhen in den übrigen
Herschaften und deren Zwistigkeiten unter einander benützend, dieselben durch
glückliche Kämpfe 823 — 27 in ein ähnliches Verhältnis zu seiner Krone,
wie ein Jahrhundert später Heinrich I in Deutschland, die Stammesherzog¬
tümer brachte: eine unumgänglich notwendige Einigung, wenn das angel¬
sächsische Volkstum, mit seinen Rechts- und Gerichtsordnungen die Stürme
und die Abhängigkeit von den Normannen überdauernd, als ein Element für
die spätere Entwicklung der Menschheit erhalten werden sollte. Zwei Einfälle
der Dänen 831 und 832 fanden keine glückliche Abwehr, aber 835 gewann
E. einen vollständigen Sieg und züchtigte hart die Briten, welche mit den
Räubern gemeinschaftliche Sache gemacht hatten. Unter seinem S. Äthel-
Wuls (836—858) kamen über England ähnliche Zustände, wie über das
Westsrankenreich. Die Schaaren der Dänen, immer zahlreicher und stärker,
suchten nicht allein alle Küstengegenden heim, sondern dehnten ihre Ver¬
wüstungen tief in das Innere au», ja dieselben plünderten abwechselnd in
beiden Reichen. Doch die Abwehr war in England weit tapfrer und die
Räuber erfuhren nicht selten durch Niederlagen harte Züchtigungen, in Folge