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Polen.
Posen verletzt wurden, durch die Errichtung des Erzbistums Gnesen
und die Unterordnung von sieben neu zu gründenden Bistümern unter das¬
selbe (§ 104, 6 S. 146 f.) half. Die bei dieser Gelegenheit in völliger Ver¬
kennung seiner wahren Absichten unvorsichtig ihm gewärte Einräumung von
Rechten*) konnte ihn nur in seinem Vorhaben bestärken, welches er sofort
gegen Böhmen durch Wegnahine Chrobatiens auszuführen begann. Die
Kriege gegen Deutschland und in Böhmen erhöhten seinen Ruhm und Glanz
(1002—1018, ob. S. 150—160), da Heinrich 11 im Frieden zu Vudissin
die eroberten Landschaften ihm zu belaßen sich genötigt sah. Die jene Kriege
unterbrechende Unternehmung gegen Kiew, um deren willen er 1012 den
Frieden zu Posen geschloßen, hatte wol nicht zur Beranlaßung die Verdrän-
gung seines Schwiegersohns Swätopolk durch den Adoptivvater Wladimir
den Heiligen und eine Beleidigung, die ihm durch die Verweigerung der Hand
seiner Schwester von Seiten des Großfürsten angethan worden war''), sondern
die Absicht, welche durch den Feldzug 1018 (unt. 6) vollständig erreicht ward:
die rußische Macht von der Ausbreitung nach Westen zurückzuschrecken (s. S.
135 Anm. 5). — Aus den eroberten Ländern schleppte er zahlreiche Gefangne
nach Polen, um durch Leibeigne die ausgedehnten öde liegenden Ländereien
anzubanen H. Auf ihn wird die Einteilung des Landes in Bezirke zurück¬
geführt. Als Mittelpunkte derselben wurden Burgen erbaut unb die in die¬
selben gesetzten Burggrafen nahmen als die höchsten Beamten des Reichs,
des Kriegswesens, der Abgaben und der Gerichte war. Daß von ihm
die Abgaben, unter welchen die Stroza, jährlich je ein Maß Weizen
unb Hafer von jeder Hufe, die bedeutendste war, geregelt worden seien, ist
sehr wahrscheinlich. Das beabsichtigte Werk zu vollenden wagte er, als
Heinrichs II Tod in ihnr die Hoffnung, Thronstreitigkeiten würden für
längere Zeit des deutschen Reichs Kraft lähmen, erweckt hatte, tubem er die
Königskrone, um deren Verleihung er schon lange vergeblich in Rom
geworben hatte, sich aufs Haupt setzte, doch schon am 17. Jun. 1025 riß ihn
der Tod aus seiner Laufbahn, aus welcher er fortan kräftigern Verteidigern
des Kaiserrechts und Deutschlands begegnet sein würde, als Heinrich II
gewesen war.
3. Das in Sagen sortlebende Andenken, welches er durch seinen hoch-
greifenden Mut sich erworben, hat seinem ihm allerdings an Kraft nachstehen¬
den Sohn unb Nachfolger, Mieeislaw II (1025—34) den Beinamen des
Trägen, nicht ganz verdient, zugezogen. Denn trotzigen Unabhängigkeitssinn
zeigte er, inbcm er Konrads II Forderung die Königskrone abzulegen zurück¬
wies, auch bewies er in den Kriegen, welche jener deshalb mit Aufbietung
Knuds des Großen von Dänemark und der durch des Vaters Angriffe gereizten
Nachbarn, besonders der Böhmen, unternahm (1018 u. 1030, s. S. 174 f.)
etwas von Chrobri's Geist. Aber es erwachte in des Adels Kraftgefühl das
Streben nach Demütigung der fürstlichen Allgewalt, zu diesem gesellte sich der
gewaltsam niedergehaltne Haß gegen das aufgenötigte Christentum und beides
fand in dem Zwist des Herscherhauses Rückhalt und Förderung. Denn M.
hatte seinen Brüdern, welche Ansprüche auf Teilung des väterlichen Erbes
erhoben, nicht allein diese verweigert, sondern auch den einen Otto Bezprim
in Flucht nach Rußland Rettung zu suchen gezwungen. Als dieser, nachdem er
1) Giesebr. d. K. G. I 697. Wenn ihn Otto III seinen Bundesgenossen nannte
(Ropell Gesch. von Polen I 111), so gab er damit, vielleicht ohne es ju wollen
und zu wißen, den Anspruch auf Anerkennung der deutschen Oberhoheit auf. —
2) Giesebr. a. a. O. I> 97. — 3) Giesebr. a. a. O. II 25 f.