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Karls des Gr. Persönlichkeit, seine Familie, sein Tod.
3. Hatte selbst das römische Kaisertum Teilungen des Reichsgebietes
nicht ausgeschloßen, wie hätte Karl der Große die im Frankenreiche geltende
und praktisch eingeführte Gleichberechtigung der Söhne zum Königtum besei-
tigen können? Immer wäre es, wenn auch nach den Erfahrungen der
Merowingerzeit und selbst denen im eignen Hause, ein Gewaltstreich gewesen,
und einen solchen zu verüben, hätte Karl den Großen die Gerechtigkeit, wie
die Liebe zu seinen Kindern abgehalten. Allerdings war die Ansicht vom
Kaisertum vorwalteud, daß dasselbe nur einer tragen könne, und darauf
scheint Karl seine Hoffnung auf Erhaltung der Reichseinheit gegründet zu
haben. Von seiner zweiten Gemalin Hildegard (ff 783) hatte er, da Lothar
schon 780 gestorben war, drei ebenbürtige Söhne Karl, Pipin und Lud¬
wig. Wir haben schon oben gesehen, wie er 781 Pipin und Ludwig zu
Königen salben ließ und jenem Italien, diesem Aquitanien bestimmte, auch
übergab. Eine förmliche Teilung wurde in Form einer vom Papst bestätigten
Testamentsurkunde am 8. Hornung 806 festgestellt. Wir brauchen nicht deren
Bestimmungen anzuführen*). Denn sie kamen nach Gottes Rat nicht zur
Ausführung. Im Jahre 810 (8. Jul.) starb Pipin und hinterließ nur
einen Sohn Bernhard, und am 4. Dec. 811 folgte ihm Karl in den Tod.
Dem betrübten Vater blieb nichts anders übrig, als Ludwig das Kaiser¬
tum mit dem gesamten Reich zu übergeben. Auf dem Reichstag zu Achen
ernannte er ihn zum Mitregeuten und hieß ihn sich die Kaiserkrone auf das
Haupt setzen. Seinem Enkel Bernhard bestimmte er Italien zu vom Kaiser-
abhängiger Regierung. Ahn 28. Jan. 814 verblich zu Achen im 70. Lebens¬
jahr Karl der Große. Über seine Ruhestätte hatte er nichts bestimmt, aber
einstimmig waren alle, wie er keine würdigere finden könne, als in dem von
ihm selbst zur Ehre Gottes erbauten herlichen Dom. Hier ward er denn
begraben, aber man legte seine Leiche nicht, sondern setzte sie in voller Kleidung
aus einen Stuhl, mit einer goldenen Krone auf dem Haupte und gab ihr ein
Scepter in die Hand.
Zweiter Abschnitt. Das Zerfallen des Frankenreichs 814 — 887.
Karl der Große.
Karl Pipin + 810. Ludwig I der Fromme
t 811. ,-A-—„ f 840
Bernhard f 818. 1. Gem. Irmengard. 2. ©cm. Judith.
/----------------—V
l. Lothar I 2. Pipin 3. Ludwig d. Baier 4. Karl d. Kahle
geb. 795. t 855. t 858. geb. um 804, + 876. geb. 823, + 878.
Ludwig II Lothar II Karl Pipin, Karl Karlmann Ludwig Karl Ludwig II Karl 2)
+ 875. f 869. o. Pro- 864 + 863 + 879. d. jüngere d. Dicke d. Stamm- + 866.
,-^-s vence beseitigt. Erzbisch. ,—A—. + 882. + 888. ler
Jrmingard t 863. ' v. Mainz. Arnulf + 879.
Gem. Graf -j- 899. ,-----A—->
Boso. ,—A—s Ludwig III Karlmann Karl der
Ludwig f 882. f 884. Einfältige
d. Kind +928
Luwig IV
d’outre mar
+ 954_
Lothar + 986. Karl von
,—--A--s Lothringen
__ Ludwig V Faineant
‘+ 987.
l) S. die wichtigsten in der Übersetzung von Einhards Annalen durch Abel
S. 103 — 106. — 2) Zwei andre Söhne Karls des Kahlen, Karlmann und Lothar,
wurden Geistliche; s. § 92.