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Die Frankenreiche bis zur dauernden Trennung 843— 888.
schließlich zur Verteidigung der eignen Grenzen verwendet und die Verwaltung
einem der angesehensten Großen anvertraut ward: nicht ohne Folgen für
spätere Gestaltung. Der Feldzug gegen die Obotriten 844 verlief so glücklich,
daß jenes Volk längere Zeit Ruhe hielt *). Unerwartet war der Angriff, den
Horich I von Dänemark ans das Frankenreich unternahm^). So schnell
drang 845 eine Flotte den Elbstrom herauf, daß wehrlos das neu gegründete
Hamburg ein Raub der Flammen wurde. Der Schade, welchen die heim¬
kehrenden durch den sächsischen Heerbann erlitten, mochte schon den ernsten
Vorstellungen, die Ludwig durch den angesehensten Grafen Sachsens Kobbo an
Horich richtete, Eingang verschafft haben, aber noch mehr wirkte die ausge¬
zeichnete Persönlichkeit Anskars (f. § 96 D) und die für ein Gericht des
Christengottes angesehne Seuche, welche Neginher aus den Seinegegenden
einschleppte. Horich schloß 846 ans Rückgabe der Beute und Freigebung der
Gefangnen Frieden. Die dänischen Einfälle in Sachsen 851 und 852 rührten
vonVertriebnen her^). Die Sorben, durch eine Niederlage 839 geschwächt),
unterwarfen sich schnell, als Ludwig 851 verwüstend in ihr Land drang. Zn
große Hoffnung war darauf gesetzt worden, daß 845 (13. Jan.) vierzehn
Häuptlinge der Czech en sich hatten taufen laßen°). Denn als 846 Ludwig
der B. Moimir von Mähren entsetzte und an dessen Stelle den zum
Christentum übergetretenen Neffen Rastislav (Rastis) erhoben hatte, litt
er auf der Heimkehr durch einen Überfall der Czechen schweren Verlust^). Der
plündernde Einfall derselben 846 wurde zwar durch des Königs zweiten S.
Ludwig den jüngern znrückgeschlagen, doch durch der Führer Uneinigkeit nahm
der 849 in ihr Land unternommene Kriegszug schmählichen Ausgang. Man
muste sich mit möglichster Deckung der Grenzen begnügen.
5. Ludwig d. B. hatte anfänglich Karl dem K. ratend beigestanden7),
auch bei den allgemeinen Frankentagen sich am uneigennützigsten bewiesen8)
und am eifrigsten für Eintracht bemüht. Doch seit jenes Annäherung au
Lothar I eine Entfremdung herbeigeführt, machte ihn die Vergrößerungslust
zu einem gewaltsamen Angriff geneigt. In der Weigerung der Westfranken
gegen die Normannen zu streiten9) finden wir ein Zeichen der Abneigung
gegen Karls Regiment, welche durch die ungerechtfertigte Hinrichtung des
Grafen Gauzbert von Maine auf solche Höhe stieg, daß die Aquitauier offen
sich an Ludwig den B. um Beistand wandten. Vergeblich regte Karl d. K.
den Bnlgarenkhan Bogoris") (Borises) und die Slowenen zum
Kriege an, sie wurden 853 gänzlich besiegt. Das eilige Bemühen durch
Sendboten die Misstände abzustellen hatte eben so wenig Erfolg, wie die
Vereinigung mit Lothar I Ludwig den j., welchen sein Vater mit einem Heere
sandte, 854 vom Vordringen in Aquitanien abhielt"). Wol stand die Geist¬
lichkeit für Karl d. K., wol schaarten sich Vasfallen genug um ihn, aber er
1) Dümml. S. 256. Im I. 846 ward gegen ein nns unbekanntes Slawcnvolk
jenseit der Elbe ein Zug unternommen. — 2) Reginher ward nach der Seine gesandt,
vor. S. Anm. 1. — 3) Die Neffen Hcriold und Gnttorin hatten wahrscheinlich
Horich zu einer Teilung des Reichs gezwungen, waren aber dann von ihm vertrieben
worden und suchten auf Raubfahrten ihr Heil. Dümml. S. 339 n. ob. S. 48 A. 4.
Wenn auch der größere Reichtum der westlichen Länder ans die Räuber größere Anzieh¬
ungskraft übte, so schreckte doch auch gewis die Wehrtüchtigkeit der Sachsen von deren
Grenzen zurück. — 4) Dümml. S. 255. — 5) Dümml. S. 273. — 6) Dümml.
S. 284 f. — 7) Dümml. S. 229. — 8) Dümml. S. 288. 332. — 9) vor. S.
Anm. 1. — 10) Ob der Bulgarenkhan, welcher 845 eine Friedensgesandtschaft nach
Paderborn sandte, Bogoris war, ist eben so ungewis, wie ob Pannonien zwischen San.
unb Drau von ihm frei war. S. Dümml. S. 273 u. 373. — 11) Dümml. S. 364.