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eingetragen hatte, freudige, daß ihr Todfeind, Oesterreich,
von den tapsern Preußen aufsHaupt geschlagen worden war.
Welche unmittelbare bedeutende Folge der Tag von König-
grätz auch für sie haben sollte, konnten sie nicht ahnen.
Kehren wir hiernach zu der Folge der Vorgänge zurück,
die in erster Linie das Interesse Preußens in Anspruch
nehmen.
In Wien war eine tolle Komödie aufgeführt worden.
Mau hatte eine „preußische eroberte Kanone" durch die
Straßen geführt. Die Bevölkerung war anßer sich vor
Entzücken. Aber wie sich bald herausstellte, handelte es
sich auch mit dieser eineu Kanone um nichts als Humbug.
Der König Wilhelm hatte sie vor längerer Zeit dem
Kaiser zum Geschenk gemacht, und nun — zu solchen
Mitteln griff mau schon! — wurde sie als ein von den
Preußen abgenommenes Beutestück durch die Straßen
Wiens transportirt! —
Aber mit derartigen Mitteln, die Bevölkerung an°
znfeueru, war man zn Ende, als mit donnerndem Flügelschlag
die Kunde von der furchtbaren Niederlage der österreichischen
Armee nach Wien drang. Da kamen denn die böswilligen
Berather der kaiserlichen Hofburg eilig zusammen, nud von
bleichen Lippen ertönte von allen Seiten die Frage: Was
nun? — Nun, ihr überklugen Herren, ihr hattet euch sa
im Besitz einer politischen Sehkraft gewähnt, die durch
Herz und Nieren geht, ihr hattet gemeint Ohren zu haben,
die jedes politische Gräölein wachsen hören fern mtb nah! —
Erkennet ihr nun, daß ihr in der Beurtheilung der Macht
Preußens blind wäret? Was nützen nun euren soldatischen
Machthabern die ihnen in die Taschen geschobenen Karten