Full text: Der dreißigjährige Krieg

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protestantischen Fürsten wurde sonach 1629 anbesohlen, alle seit dem Pas- 
sauer Vertrage eingezogenen geistlichen Güter, bestehend in 2 Erzbis- 
thümern, 12 Bisthümern, vielen Stiftern und Klöstern, wieder herauszu¬ 
geben, welcher Erlaß das R e st i t u t i o n s e d i k t genannt wird. Dasselbe 
schien den Protestanten den Todesstoß zu geben und Niemand zweifelte 
mehr, daß es der Kaiser auf die völlige Vernichtung ihrer Kirche abgesehen 
babe. Was war nun zu thun? Sollte man gehorchen oder sollte man 
Widerstand leisten! Letzteres zu thun waren jetzt die protestantischen 
Fürsten zu schwach und es riethen deshalb schon einige zum Nachgeben. 
Mit Freuden bemerkte dies derKaiser und da er hoffte, daß sich endlich alle 
Fürsten seinem Gebote willig unterwerfen würden, verschob er die Vollzieh¬ 
ung des Edikts auf ein Jahr. Der kluge Kaiser hatte sich verrechnet. Ist 
dieNoth am größten, soist dieHülfeamnachften. Ehe dieFristabgelaufen 
war, hatte sich in Deutschland Großes ereignet. 
Wallenstein's Absetzung« Mittlerweile veranstaltete der Kaiser 
in Regensburg einen Kucfürstentag, um Deutschlands Frieden wieder her¬ 
zustellen. Hier drang man von allen Seiten in den Kaiser, Wattenstein 
den Oberbefehl über die Truppen zu nehmen. Die Gesandten Pommerns 
klagten, daß die kaiserlichen Truppen, die man als Freunde ausgenommen, 
7 Städte muthwillig in Asche gelegt und eine ganze Gegend in eineEinöde 
verwandelt hatten. ,,Jeder kaiserliche Rittmeister lebe fürstlicher, als ihr 
Herzog. Die gemordeten Menschen würden den Hunden zum Fräße vor¬ 
geworfen. Viele Einwohner tödteten sich selbst, um den Mißhandlungen 
und dem Hungertode zu entgehen." Selbst Leopold schrieb seinem kaiser¬ 
lichen Bruder: „Ew. Majestät glauben nicht, wie das Kriegsvolk haust. 
Das Brennen und Sengen, das Todtschlagen, das Abschneiden von Nasen 
und Ohren lassen die Ofsiciere zu. Diese spicken ihre Beutel mit der 
armen Leute Schweiß und Blut und ich könnte manche nennen, die noch 
vor kurzer Zeit schlecht aufgezogen sind, jetzt aber drei- bis viermal 190,000 
Gulden baares Geld besitzen. Ich bitte Ew. Majestät um Gottes Barm¬ 
herzigkeit willen, daß dem Unwesen der Wallensteinischen gesteuert werde." 
So schwer es auch dem Kaiser wurde, mußte er doch endlich in Wallensteins 
Absetzung willigen. Aber was thun, wenn sich der mächtige Friedlander dem 
kaiserlichen Befehle nicht unterwerfen wolle? Als ihm die Gesandten sein 
Urtheil ankündigten, blieb er scheinbar ganz ruhig. „DerKaiser ist verrathen," 
sagte er, „ich bedaure ihn, aber ich vergebe ihm, und ich will gehorchen." Die 
Gesandten beschenkte er fürstlich; ebenso gab er seinem Heere bei der Entlas¬ 
sung großeSummen Geldes, und war fest überzeugt, daß sie sich augenblick¬ 
lich wieder unter seine Fahne schaaren würden, sobald er ihrer bedürfe. Im 
Besitze unermeßlicherSchatze, zog er sich aufseineGüter inMahren und Böh¬ 
menzurück, wo er in kaiserlicher Pracht lebte. Die Ueberzeugung, daß sich ihm 
noch eine weit glänzendere Laufbahn eröffnen werde, tröstete ihn über die 
erlittene Demüthigung. Der Glanz und die Herrlichkeit, womit sich 
Wallenftein umgab, grenztfastan's Unglaubliche. Zu dem Palaste, welchen 
er in Prag bewohnte, führten 6 Pforten, und um dem Schloßhofe einen 
großartigen Umfangzu verschaffen, soll er hundert Hauser haben nieder¬ 
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