»
— 70 —
stehung der Todten, die Herrlichkeit der zukünftigen Welt, hervorgehoben
habe. Die rohe, neugierige Menge hörte ihn staunend an und Viele ver¬
ließen den Weg der Sünde und des Verderbens.
Als sein Arbeitsfeld sich vergrößerte, rief er Gleichgesinnte vom welt¬
lichen und geistlichen Stande herbei, die ihn in feinen Bestrebungen unter¬
stützten. Die geistlichen Gehülfen verbanden sich mit Vicelin, beschlossen im
ehelosen Stande zu bleiben, im Gebet, Fasten und andern Andachtsübungen
anzuhalten, die Kranken zu besuchen, die Dürftigen zu ernähren, für ihre
eigne und ihres Nächsten Wohlfahrt zu sorgen, besonders aber sich der
slavifchen Missiom anzunehmen. Durch die Vereinigung dieser Männer ent¬
stand nun in Holstein ein neues Kloster, das zum Unterschied von dem alten
Kloster Münster in Münsterdorf das neue Münster (Neumünster)
genannt wurde und bald ansehnliche Vorzüge erhielt. Um in den unruhigen
Zeiten hier eine sichere Stätte zu haben, ward es befestigt. Wenn nun die
räuberischen Wenden zuweilen das Land rings umher verwüsteten und die
übrigen Häuser verbrannten, so konnten sich die Missionare hinter die sichern
Klostermauern zurückziehen. Der Erzbischof von Hamburg versah es mit
großen Vorrechten, wies ihm Zehnten, Dörfer und Ländereien an und der
Kaiser Lothar befreite Alles, was zu der Stiftung gehörte, von allen Ab¬
gaben und erlaubte den Einwohnern des Landes, dem Kloster ihre Güter zu
überlassen. Das Kloster ward eine Probstei, und Vicelin und seine Nach¬
folger erhielten den Namen und die Würde der Prälaten oder Pröbste. Be¬
trächtliche Schenkungen, die nun von Zeit zu Zeit erfolgten, vermehrten die
Einkünfte der neuen Anstalt.
Knud Lavard, der sich viel in Wagrien aufhielt, pflegte auch oft bei
den Geistlichen in Neumünster einzukehren. Er war dem Vicelin sehr geneigt
und versprach ihm die beste Unterstützung, ließ auch die von Heinrich noch
angelegte Kirche in Altlübeck weihen und durch Vicelin mit Priestern ver¬
sehen.
Als nach dem Tode Knuds die heidnischen Fürsten Niklot und Pribis-
laus die Regierung des Wendenlandes an sich rissen, kam das Christenthum
in große Gefahr. Besorgt um seine junge Pflanzung, wandte sich Vicelin an
den Kaiser Lothar, der sich damals in Bardewiek aufhielt. In der Unter¬
redung erzählte ihm Vicelin, daß er auf der Grenze zwischen Holstein und
Wagrien einen Berg kenne, der sehr leicht stark befestigt werden könne. Von
dieser Burg aus würde man leichter die Wenden im Zaum halten. Knud
Lavard habe auch hier einen festen Ort anlegen wollen. Der Kaiser werde
dem Christenthum im Wendenlande eine große Stütze verleihen und den
Sieg desselben über das Heidenthum erleichtern, wenn er veranlassen wollte,
daß hier eine Feste gebaut werde. Dem Kaiser gefiel der gute Rath. Er
sandte sachkundige Männer in die bezeichnete Gegend, die den Platz in
Augenschein nehmen mußten, und als diese die Angaben des Priesters
bestätigten, setzte er selbst über die Elbe, begab sich nach dem Alberge und
gebot allen Nordelbingern den Bau der Festung (1134).
Auch Niklot und Pribislaus, die neuen Lehnsmänner des Kaisers und
Herzogs Lothar, waren hier erschienen, von ihrem Lehnsherrn entboten.
Lothar nahm ihnen das Versprechen ab, daß sie den Bau der Feste wie die
Ausbreitung des Christeuthums fördern würden. Sie gelobten feierlichst