Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

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Der herrschsüchtige Erzbischof von Hamburg hatte es höchst ungern ge¬ 
sehen, daß Vicelin die Investitur aus den Händen des Herzogs empfangen 
hatte. Als er nun mit Vicelin nach Merseburg reiste, wo Friedrich Bar¬ 
barossa im Jahre 1152 einen Reichstag hielt, suchte er ihn zu bereden, jetzt 
um die Investitur aus den Händen des Kaisers zu bitten. Aber Vic eiin, 
der wohl einsah, daß er sich dadurch den unversöhnlichen Haß des Herzogs 
zuziehen würde, war dazu nicht zu bewegen. So begann denn der ehrgeizige 
Priester selbst mit dem Löwen Streit über das Recht, die Bischöfe zu ver¬ 
ordnen, und die Folge davon war, daß nicht nur der Herzog, sondern auch 
der Graf wenig mehr für das Oldenburger Bisthum thaten. 
Zu allen diesen Kränkungen kam noch das Absterben Dithmars, seines 
treuen Gehülfen. Niedergeschlagen und ohne einen tröstenden Freund begab 
sich Vicelin nach Bosau, woselbst er ein Haus und die Kirche aufzuführen 
beschäftigt war und der Gemeine Gottes Wort predigte; denn die umliegen¬ 
den Gegenden waren schon von Christen bewohnt; doch lebten sie meistens 
in großer Furcht vor räuberischen Ueberfällen, da die Burg in Plöen damals 
noch in Trümmern lag. Die Kirche, welche Vicelin aufführen ließ, steht 
noch heute und ein großes, steinernes Fußgestell, das, als zum Taufstein 
Vicelins gehörig, noch jetzt auf dem Bosauer Kirchhof gezeigt wird, erinnert 
uns an. den wackern Gottesmann, der dreißig Jahre lang unter den un¬ 
günstigsten Verhältnissen an der Pflanzung des Christenthums in Wagrien 
gearbeitet hat. 
Von Bosau ging Vicelin wieder nach Neumünster, wo er bald elend, 
krank und sprachlos wurde, so daß der Prior dieses Klosters, Eppo, und 
der Probst zu Högersdorf, Ludolf, auch seine bischöflichen Amtshandlungen 
für ihn verrichten mußten. Die anhaltende Krankheit tödtete ihn 1154. 
Sein Schüler Helmold, den er zum Priester in Bosau verordnet hatte, 
hat uns sein Leben und Wirken in einem Buche beschrieben, das man die 
wagrische Chronik nennt und welches auch die Geschichte der Wendenfürsten 
enthält. 
12. Drei Tage aus dem Leben Gerolds. 
1. Der 20. Juni 1155. 
In den Tagen des Juni 1155 war es ein bewegtes Leben und Treiben 
um die Stadt Rom. Vor ihren Mauern drängte sich eine gar glänzende 
Versammlung. Die höchsten Würdenträger der Christenheit waren dort 
vereinigt. Da war der Papst mit allen seinen Kardinälen, vielen Erz¬ 
bischösen und andern hohen und niedrigen Geistlichen, und entfaltete den 
höchsten Glanz seiner zwiefachen Würde als weltlicher Fürst und als Statt¬ 
halter Christi auf Erden. Denn die Nachfolger Petri, ob sie sich auch 
immer noch Knechte der Knechte nannten, hatten die apostolische Armuth und 
Einfachheit längst abgelegt. 
Weiter lagerte da der deutsche König Friedrich Barbarossa, d. i. der 
Rothbart, der mit seinen Herzogen, Grafen und großen Herren über die 
Alpen gezogen war, um sich die römische Kaiserkrone zu holen. Und mit ihm 
war ein großes Heer deutscher Männer gezogen; denn die Italiener waren 
sehr unruhige und widersetzliche Unterthanen des deutschen Reichs. Die
	        
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