Das Römerreich.
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setzten die Römer in Stand, den Krieg mit den seebeherrschenden Karthagern
zu unternehmen. Um dieselbe Zeit, als ganz Italien vom Rubico bis zur
Straße von Messina den Römern unterthanig ward, suchte Ptolemäos
Philadelphos von Aegypten durch eine glanzende Gesandtschaft Roms
Freundschaft und Bündniß nach, ein Verlangen, dem gerne willfahrt ward.
„Von nun an trat Rom in den Kreis der großen politischen Beziehungen,
welche, an den Namen der Punier und des Hellenismus geknüpft, sich von
den Säulen des Herkules bis zum Ganges erstreckten."
Dies war die schönste Zeit der Republik. Rauhe Tugend, strenge Sitten,
Einfachheit des Lebens hielten Reichthum und Luxus fern. Curius und Fabricius
starben, wie einst Aristeides, so arm, daß der Staat für die Ausstattung ihrer
Töchter sorgte, und zum Leichenbegangniß des großen Fabius Maximus mußten
die Kosten durch die Beitrage seiner Freunde gewonnen werden. Tugend und
Seelenadel gaben allein Rang und Ansehen. Patrizier und Plebejer wetteiferten
mit einander in Heldenmuth und Kriegsruhm. Der Standesgeist war der Vater¬
landsliebe gewichen. Fabricius ließ sich weder durch des Pnrrhos Gold von dem
geraden Pfad der Tugend ablenken, noch durch die plötzliche Erscheinung eines
großen Elephanten in Schrecken setzen.
2. Rom's Kämpfe mit Karthago,
a) Karthago und Syrakus.
§. 162. Im 9. Iahrh. gründete Dido mit phönizischen Auswanderern
(daher Pöner und Punier) auf der Nordküste von Afrika auf einer felsigen Höhe, 880'
im Hintergründe des geräumigen, für zwei Hafen geöffneten Meerbusens die
Handelsstadt Karthago, die bald durch die Rührigkeit und berechnete, oft mit
Trug und List gepaarte Klugheit (punische Treue) der Bewohner zu großer
Macht und hohem Wohlstand gelangte. Nachdem ihr die benachbarten afrikani¬
schen Völkerschaften zinspflichtig geworden, zwang sie die übrigen phönizischen
Colonien (Utika, Hippo, Leptis u. a.) zu einem drückenden Städtebund unter
ihrer Hegemonie und legte dann in Süd-Spanien und auf den meisten Inseln
des Mittelmeers (Sicilien, Corsica, Sardinien, den Balearen, Malta u. a.)
tributzahlende Pflanzstädte an. Aber ihre Ansiedelungen waren nicht, wie die
griechischen Eolonien, Pflanzstätten der Cultur; Alleinhandel und Seeherrschaft
war das einzige Ziel ihrer habsüchtigen Bestrebungen. — Der gartenartige Anbau
der üppigen und fruchtbaren Umgegend Karthago's und die prächtigen Landhäuser
beurkundeten den, durch gewinnreichen Handel erzielten, Reichthum der Bewoh¬
ner, aber ihre Gemüthsart blieb roh und grausam. — Die Verfassung war ari-
stokratisch. Ein kleiner aus dem grundherrlichen Geburtsadel, und ein
großer aus dem Geldadel gewählter Rath mit zwei, den spartanischen Königen
vergleichbaren Suffeten an der Spitze, besaßen die gesetzgebende Gewalt und
leiteten die Rechtspflege, das Heerwesen und die Verwaltung, während derVo lks-
versammlung nur außerordentliche Fälle zur Entscheidung vorgelegt wurden."
Dies hemmte die Ausbildung des Bürgerstandes und erzeugte bei demselben Mi߬
vergnügen, träge Gleichgültigkeit und feile Gesinnung. Wiffenschaften und Künste
wurden nur in so weit gepflegt, als sie Nutzen gewährten, ein höheres geistiges
Leben war den Karthagern fremd. Ihr auf Sterndienst gegründeter Religions-
cultus, bei dem Menschenopfer in Anwendung kamen, zeugte von der noch bei
ihnen herrschenden Rohheit und Beschränktheit.
Weber, Geschichte, l. ö.Alufl.
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