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Das Mittelalter.
der Insel Sicilien auch einen Theil von Unteritalien (§. 263.) besaßen, be-
hülflich sein sollten. Diese gingen willig auf den Vorschlag ein und kämpften
unter der Anführung Wilhelms des Eisenarms, eines der zwölf helden-
müthigen Söhne des alten Grafen Tankred von Hauteville, mitGlück
und Erfolg wider die Mohammedaner. Als aber die Griechen sie um den
Lohn zu betrügen trachteten, riefen die Normannen neue Schaaren ihrer
kriegs- und wanderungslustigen Landsleute herbei, setzten sich mit Gewalt in
den Besitz von Melvi und bedrohten von Aversa aus Neapel. Robert
Guiscard („Schlaukopf"), der sechste Bruder Wilhelms, bemächtigte sich end¬
lich durch Tapferkeit und List des größten Theils von Unteritalien, nannte
1060. sich H erzog von Apulien und Calabrien und erkannte den Papst
1072- als Lehnsherrn an. Zwölf Jahre spater entriß sein jüngster Bruder, der
tapfere und hochsinnige Roger, den Arabern die Insel Sicilien mit der
Hauptstadt Palermo. Nun machte Robert Anstalten, das byzantinische
Reich zu erobern, bemächtigte sich der Stadt Durazzo (Dyrrhachium) und
w8s. ließ durch seinen heldenmüthigen Sohn Boemund Thessalien und Epirus be-
11.10. kriegen — aber sein Tod und das baldige Erlöschen seinesHauses vereitelte das
Unternehmen. Hierauf vereinigte seines Bruders Sohn, der kluge und harte
3ij'i3o-' Roger II., ganz Unteritalien mit Sicilien und gründete, als er vom Papst
llü4' den Königstitel erlangt, das Königreich Neapel und Sicilien mit
französischem Feudal- und Gerichtswesen und städtischen Einrichtungen. Auch
nach Griechenland und Nordafrika trug er sein siegreiches Schwert. Durch gute
Verfassung und Rechtspflege, durch Bildung und weltberühmte Lehranstalten
(die medicinische und naturwissenschaftliche Schule von S a l e r n o, die Rechts¬
schulen von Amalfi und Neapel u. a,) und durch Industrie, Ackerbau und
Handel gelangte das normännische Königreich zu einerBlüthe, der keiner der
Vi6<r übrigen italienischen Staaten gleich kam. 56 Jahre lang blieben die schönen,
k^r Gutt eichen Länder in den Händen Rogers und seiner beiden Nachfolger (Wil-
Helms des Bösen und des Guten); dann kamen sie an die Hohen¬
staufen. (§. 315, 318.)
4. Island und Rußland.
§. 288. Im 9. Jahrhundert entdeckten und bevölkerten Skandinavier
860. (Norweger) die ferne Insel Island, jenes schnee- und eisbedeckte Land mit
feuerspeienden Bergen, mit heißen Sprudelguellen, mit romantischen Natur¬
schönheiten. Bald entstand daselbst ein blühendes Gemeinwesen „frei von der
Könige und der Gewaltigen Druck," mit der Religion und Sprache, den
Gesetzen und Einrichtungen des Mutterlandes, so daß, als in der Mitte
des 11. Jahrhunderts das Christenthum dort Eingang fand, bereits eine
hohe, auf Einfachheit und Sittenreinheit gegründete Cultnr- vorhanden war.
Daher erhielten sich hier die Denkmale des Heidenthums am längsten und