Normannen und Dänen. 
421 
reinsten. (§. 284.) „Wißbegierde, Wohlgefallen an Seetüre und Liebe zu 
historischen Erzählungen, wozu die langen Winternachte einluden, wurden 
und blieben bis auf den heutigen Tag die Hauptcharakterzüge der Isländer, 
und das Großartige, Romantische undAbenteuerliche der alten Sagen ersetzte 
dem Bewohner einer armen und kalten Insel den ihm versagten Reiz und 
Genuß der Natur. Isländer bildeten daher auch die Mehrzahl der Skalden, 
welche spater noch an den christlichen Höfen von Scandinavien die Thaten 
der Vorzeit erzählten, und auf Island wurden die beiden großen Sagen¬ 
sammlungen verfertigt, welche den Namen der altern und jüngern Edda 
führen und die Hauptquelle der scandinavischen Sagengeschichte sind." Von 
Island aus wurde.am Ende des 10.Jahrhunderts Grönland entdeckt und 
bevölkert. Selbst Amerika, von den wildwachsenden Reben Winland 
genannt, war den Normannen bekannt. — Um dieselbe Zeit stritten die nor¬ 
mannischen Waräger (Wäringer) wider die finnischen*) und slavischen 
Völker an den Küsten der Ostsee. Da trugen die in wilder Gesetzlosigkeit 
lebenden Slaven den Nüssen, einem Stamme der Wäringer, die Herrschaft 86~- 
an. Diese gingen auf den Vorschlag ein, worauf ihr streitbarer Fürst Rurik 
seinen Sitz in Nowgorod aufschlug und Stammvater eines Geschlechts 
ward, das bis zum Ende des 16. Jahrhunderts über Rußland gebot, aber 
die Sitten und Sprache der Eingebornen annahm. Ruriks Nachfolger ver¬ 
legten ihre Residenz nach Kiew, bedrohten auf der Wasserstraße des Dnjepr 
das schwache byzantinische Reich und trotzten den Beherrschern desselben Tri¬ 
but ab. Auch die Chazaren und andere slavische Volksstämme wurden zur 
Zinspflicht gezwungen: Durch Drohungen erlangte der eroberungssüchtige Wladi- 
Wladimir der Große, der Enkel der schönen Olga, der ersten christlichen Große 
Großfürstin, die Hand der griechischen Kaisertochter Anna, Schwester t>er9S(M01J 
Theophanta (§. 292). Diese Verbindung gab Veranlassung zur Begrün¬ 
dung des Christenthums. Die Götzenbilder wurden zerstört; Wladimir ließ 98S- 
sich taufen und seinem Befehle und Beispiele folgte das ganze Volk; in Kur¬ 
zem war die Lehre vom Kreuz die herrschende Religion des Landes. Aber 
nicht an Rom schloß sich die neue Kirche an, sondern sie folgte dem Lehrbe¬ 
griff und den Satzungen der griechischen Mutterkirche, die auf rohe Ge- 
müther minder veredelnd und cultivirend wirkte als die römische. Theilungen 
des Reichs, Bürgerkriege und die blutigen Kampfe mit den kriegerischen Nach¬ 
barn, den Petschenegen, Kumancn, Bulgaren und andern wilden 
Stammen schwächten unter Wladimirs Nachfolgern die Macht der Russen. 
Um dieselbe Zeit wurde von Deutschland aus der römisch-christliche 
Glaube unter den slavischen Polen begründet. Mies ko (Miecislav) 
aus dem Stamme der P iasten war ihr erster getaufter König (965.)— In 
Böhmen, wo zur Zeit der Völkerwanderung das slavische Volk der Tsche¬ 
chen (Czechen) in die verödeten Wohnsitze eingezogen, und nach der sagen¬ 
haften Zeit der Königin Libussa und des böhmischen Magdekriegs,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.