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Das Mittelalter.
unter den Nachkommen ihres vom Pfluge hergeholten Gemahls Primislav,
ein Königreich gegründet hatte, war schon vorher durch deutsche Glaubens¬
boten der Samen des Christenthums und der Cultur gelegt worden.
’*) Die Finnen, die einst den größten Tbeil von Scandinavien und dem nördlichen
Rußland bewohnten, und in alten Zeiten mehr Industrie, Wohlstand und Bildung besaßen
als heut zu Tage, bilden mit den Lappländern, Lieven, Efthen und Magyaren
(Ungarn) einen eigenen von dem indogermanischen Sprach- und Völkerstamm verschiedenen
Menschcnstamm. Durch eingewanderte germanische Völker weiter nach Norden gedrängt,
nahmen sie an den Geschicken und an der Cultur Europa's wenig Antheil.
in. Die Vorherrschaft des deutsch-römischen
Kaiserthums.
4. Das sächsische Kaiserhaus (©49 — f©£4).
§.289. Heinrich I. In Deutschland hatten die Gewaltthätigkeiten
herrschsüchtiger und ungehorsamer Großen und die verheerenden Einfalle der
Ungarn, die gleich einem unaufhaltbaren Strome jedes Jahr mit neuen Ver¬
wüstungen hereinbrachen, einen Zustand der Verwilderung und Gesetzlosigkeit
erzeugt. Diesem suchte schon der erste freigewählte König Konrad der
Salier (§. 278) durch Ernst und Strenge zu begegnen und ließ zum ab¬
schreckenden Beispiele die allemannischen Grafen Erchanger undBcrch-
th old, die ihr karolingisches Kammerboten amt eigenmächtig zur Her-
zogswürde umwandeln und sich der kaiserlichen Macht entziehen wollten,
enthaupten. Salomo, der reiche und schlaue Bischof von Konstanz, ihr
Todfeind, hatte ihren Fall bewirkt. Da aber Konrad einsah, daß seine Fami¬
lie nicht die nöthige Herrscherkraft besäße, bewog er seinen Bruder Eberhard
zur Verzichtleistullg auf die Nachfolge und beförderte dann mit edler Selbst-
S%Tr.fkrentsagung die Erhebung seines mächtigen Gegners Heinrichs I. (des Fink-
vi9-9Z6. j^.£) yon Sachsen. Dieser an Körper und Geist ausgezeichnete Fürst, „voll
rüstiger Kraft und altdeutscher Einfachheit" erweiterte die Reichsgrenzen gegen
Norden, wo er die Mark Schleswig wider die Dänen gründete, gegen
Westen, wo er Lothringen dem Reiche zurückgewann, und gegen Osten,
wo die Mark Meißen die von ihm wiederholt besiegten feindlichen Slaven
(Sorben, Wenden, Dalemincier, Heveller u. a.) abhalten sollte. Von den
Magyaren erkaufte er eine neunjährige Waffenruhe, die er zur Verbesse¬
rung des Heerwesens (durch Errichtung einer zu Pferde dienenden Ritter¬
schaft), zur Befestigung der offenen Orte und zur Anlegung sicherer Burgen
benutzte, in welche er mittelst Ertheilung großer Vorrechte die freien Land¬
bewohner zu ziehen suchte. Durch die Anlegung dieser Burgen („Burg¬
warten"), die mit der Zeit zu Städten heranwuchsen und einen Damm
gegen dse verheerenden Einfälle der Feinde bildeten, wurde er der Begründer