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Das Mittelalter 
Frivolität eines zuchtlosen Herrenstandes. Die Bauernaufstände, deren die 
Geschichte des Mittelalters eine ansehnliche Menge aufzuweisen hat, dienten 
nur zur Verschlimmerung ihrer Lage. „Wahrlich! es bedurfte für diesen 
Stand gar sehr der kirchlichen Lehre von christlicher Demuth, um sich über 
unchristliche Erniedrigung zu trösten." — Die durch die Kreuzzüge bewirkte 
Verbindung der christlichen Nationen Europa's zu großen Völkermassen und 
gemeinschaftlichen Zwecken verschwindet von nun an mehr und mehr und 
es bilden sich allmählich die einzelnen Völker und Nationalitäten selb¬ 
ständig aus. 
1. Die Femgerichte, die sich im Laufe der Jahrhunderte über den größten Theil 
von Deutschland ausbreiteten, aber ihren Hauptsitz fortwährend in Westfalen (auf der 
„rothen Erde") und insbesondere in Dortmund hatten, standen unter einem 
obersten Stuhlherrn, welche Würde meistens dem Erzbischof von Köln oder mitunter 
auch dem Kaiser selbst übertragen wurde. Die Richter und Freischöffen, welche unter dem 
Borsitz eines Frei grafen bei den einzelnen Freistühlen den Rechtsgang leiteten, wurden 
aus der Zahl der sogenannten W i ssen d en oder Eingeweihten genommen, die durch ge¬ 
heime Losung einander kenntlich waren und sich zur unbedingtesten Verschwiegenheit eidlich 
verpflichten mußten. .2, Hansa. Die wichtigsten Glieder des nach dem Vorbilde flandri¬ 
scher und wallonischer Städte und unter dem Einfluß vieler von dorther nach den Ostsee¬ 
städten eingewandertcn Bürger und Handwerker gebildeten Hansebundes, der im I. 1364 
77 Städte faßte, waren: Köln (anfangs Mitglied des rheinischen Bundes), Braun¬ 
schweig, Wismar, Rostock, Stralsund, Julin (Wollin), Wisby (Gothland), Bergen 
(Norwegen), Riga, Gröningen, Lüneburg, Elbing, Bremen, Magdeburg, Halle, Goslar 
u. a. m. Das Wort „Hansa" ist ursprünglich altflamändisch, Bezeichnung einer Abgabe 
und bedeutete dann jede Verbindung, deren Mitglieder Beiträge „zu einem gemeinschaft¬ 
lichen" Zweck entrichteten. Die Mitglieder des rheinischen Städtebundes, der außer den 
genannten noch die Städte Freiburg, Breisach, Zürich, Kolmar, Oppenheim, Boppard, 
Bonn, Trier, Metz, Fulda, Frankfurt, Gelnhausen, die Herzoge und Grafen von Baiern, 
Wurtemberg, der Pfalz und Thüringen umfaßte, schlossen sich später, als die Verschieden¬ 
heit der Interessen zwischen den adeligen und bürgerlichen Mitgliedern eine Trennung und 
baldige Auflösung hcrbeiführte, größtentheils dem sch w ä b isch e n B u n d e an (tz. 359). 
Von dem an bildete Deutschland den Mittelpunkt des europäischen Handels. Die Erzeug¬ 
nisse des Orients wurden durch die italienischen Handelsstädte nach Augsburg und Nürn¬ 
berg gebracht und von da weiter verführt. „Aus den lebenskräftigen Städten der geseg¬ 
neten Lombardei zogen die Saumroffe durch die finsteren Tyroler- und Schweizer-Alpen 
nach Baiern, Schwaben und Franken und weckten überall auf ihrem Wege städtische Be¬ 
triebsamkeit." Die Pfefferkörner Indiens, die Scidengespinste China's, der Safran 
Afrika's, die Gewürze und Spezereien Arabiens und Aegyptens, alle diese und andere 
Waaren bewegten sich auf den alten oft genannten Wegen über die Alpenpässe in den Tha- 
lern der Kulpa, Drave, der Enns, des Inn, der Isar, des Lech zur Donau hinab, sam¬ 
melten sich dort in den Donau-Städten Augsburg, Kempten, Ulm, Regcnsburg, Passau, 
Linz, Wien u. s. w., wurden von da längs der Donau in die Nachbardistrikte verthcilt 
und auf den alten Verbindungsstraßen zum Rhein, zum Main, zur Elbe, zur Oder ver¬ 
fahren. Umgekehrt wurden die Fabrikate Deutschlands, die Augsburger Kunstprodukte, 
die Nürnberger Fabrikate, die schlesische, baierische und westfälische Leinwand, die rheini¬ 
schen und steyerischen Waffen, Stahl- und sonstige Metallwaarcn, die niederdeutschen 
Wollengewebe und endlich die nordischen Pelze auf demselben Weg zum Meere geschafft 
und von Venedig aus nach Italien, nach Konstantinopel, endlich nach Arabien und
	        
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